Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detallierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. Autor: Fridtjof Gunkel, Heft 2/2018

yacht - Yachttest von Europas größtem Segelmagazin

Yachttest der Hanse 418

Hanse 418: Mehr als ein Facelift

Es sind nach Zeiten relativer Ruhe in der Werftenszene wieder durchaus spannende Zeiten im Segment der Großserienyachten angebrochen. Jeanneau modifiziert ihre Sun Odyssey Serie und schafft dabei grundlegend Neues wie das Walkaround-Cockpit. Beneteau aus demselben Werftenverbund überarbeitet die Oceanis-Linie. Bavaria Yachtbau bringt in Kürze nach dem jüngsten Flaggschiff C 65 auch wieder kleinere Boote unterhalb 50 Fuß, die aus Werftsicht radikal anders wirken.
Und die Hansegroup? Der mittlerweile zweitgrößte Serienhersteller der Welt nach der französischen Beneteau-Gruppe kommt in dieser Messesaison mit gleich vier Neuheiten. Die 348 erscheint im Frühjahr, die 548 wurde bereits vorgestellt (YACHT 19/ 17), die 388 und die hier getestete 418 sind ebenfalls in Düsseldorf zu sehen.

Wille der Werft in Greifswald ist, die Kardinaltugenden der Hanseyachten weiter auszubauen: mehr Komfort und dazu mehr Segelleistung, die einfacher abrufbar ist. Man vertraut weiterhin auf die bewährten Rümpfe der anerkannt schnellen Konstruktionen des ebenso erfolgreichen wie viel- seitigen Designteams von Judel/Vrolijk, investiert aber in allen anderen Bereichen. Bedeutet konkret, so Pascal Kuhn, Produktmanager Segelyachten: „Deck, Rigg, Kiele, Innenschalen, Möbel sind neu; das ist deutlich mehr als ein Facelift.“ Und man wolle mehr Licht und Transparenz im Innenraum anbieten. Dies ist angesichts der äußeren Erscheinungsmerkmale der Hanse 418 besonders offensichtlich.

Hanse 418: Mehr Fensterflächen

Die simpel rechteckig geformten Rumpffenster aus Echtglas sind gegenüber dem Vorgängermodell deutlich gewachsen und günstiger platziert. Im Vorschiff gibt es zwei große Vorluks, zwei kleinere und zusätzlich ein festes Fenster im Dach. Sogenannte Lichthöfe beidseits des Niedergangs erhellen die Achterkabinen und den achteren Salon.

Aber: Nur mit optionalen Luken (1.500 Euro) lässt sich in den Achterkabinen eine gute Lüftung erzielen; im Standard sind lediglich die Cockpitfenster zu öffnen. Auch im Salon ist Belüftung ein Thema auf der Hanse 418: Ließen sich auf dem Vorgängermodell 415 noch alle Aufbaufenster öffnen und so eine effektive Querbelüftung durchführen, ist jetzt nur noch ein kleines auf- klappbares Fenster in der Pantryscheibe installiert. Das geht besser.

Weitere Neuerung im Cockpit ist der Wegfall der fest installierten Steuerduchten hinter den beiden Rädern zugunsten von optionalen hochklappbaren Sitzen. Das Heck ist somit komplett offen, wenn die auf- preispflichtige, per Hand ausklappbare Badeplattform (2.250 Euro) nicht mitgeordert wird. Der in den ursprünglichen achteren Sitzduchten untergebrachte Stauraum wurde durch nutzbaren Platz im Cockpitboden darunter ersetzt. Dort lassen sich Leinen, Fender, Rettungsinsel und vieles mehr gut unterbringen. Eine weitere Backskiste gibt es in der Steuerbordducht ; auf die gegenüber hat die Werft verzichtet, um der Achterkabine an Backbord mehr Kopffreiheit und einen großzügigeren Raumeindruck zu gewähren. Dort ist die Backskiste in der Ducht auch optional leider nicht erhältlich.

Technisch vielleicht wichtiger sind andere Änderungen: Die Werft bietet keine T-Kiele mehr an, die den Nachteil mit sich bringen, Treibgut wie Netze, Leinen oder Seegras aufzugabeln und kaum wieder freizugeben. T-Kiele seien im US-amerikanischen Markt und dort besonders an der Ostküste nicht zu verkaufen. „Außerdem“, so Matthias Bröker, Hanse-Betreuer im Konstruktionsbüro von Judel/Vrolijk, „wird der Kiel weniger effektiv, wenn die Finne über der Bombe länger ist als hoch.“ Der Lift sei dann geringer als bei einem L-Kiel, dessen schmalere Bombe flächenmäßig partiell der Finne zuzurechnen sei. Oder auch: Der L- Kiel erzeugt mehr Lift als der T-Kiel.

Die Gesamtverdrängung und der Ballastanteil sind weitgehend gleich geblieben. Ausgestattet mit Selbstwendefock und Großsegel, fällt die Segeltragezahl, welche die standardmäßige Segelfläche am Wind mit dem Gesamtgewicht in Relation setzt, durch einen Wert von 4,2 relativ gering aus.

Hanse 418: Code Zero Statt Genua

Eine Genua nebst Schienen wird auch als Extra werftseitig mittlerweile nicht mehr angeboten. Für ein Plus an Tuch offeriert die Werft einen rollbaren Code Zero, der an eigenem Stag gesetzt und über die Spinnakerholepunkte (oder die Heckklampen) geschotet wird. Das Segel von Elvström läuft bei Hanse unter dem Namen Crossover, ist mit rund 77 Quadratmeter Fläche etwa doppelt so groß wie die Fock und kostet mit Furler von Seldén 6.962 Euro extra.

Eine Alternative für mehr Druck auf tieferen Kurse wäre ein Gennaker, der sogar 120 Quadratmeter misst und ohne die Peripherie aus Fall, Schoten, Blöcken, Padeyes sowie vielleicht einem Bergeschlauch rund 3400 Euro kostet.

Hanse 418: Besser rein und raus

Auch der Niedergang selbst zeigt sich komfortabel. Das Steckschott ist teleskopierbar, bleibt also auch in offenem Zustand an Ort und Stelle. Die Treppe ragt lang und flach ins Schiff, ist somit bequem begehbar, wozu die großen fünf Stufen beitragen.

Innen die große Wahl: Vorschiff mit oder ohne eigene Nasszelle? Salon mit großer oder übergroßer Pantry? Eine Achterkabine und eine Backskiste oder zwei Achterkabinen? Oder eine Achterkabine, eine Backskiste und ein Werkraum? Das Wählen geht weiter: drei Hölzer in der Anmutung von Mahagoni, Kirsche oder Teak für die Möbel, helle, dunkle oder klassisch gestreifte Bodenbretter und rund 30 (!) Polsterbezüge.

Was ungeachtet der vielen Entscheidungen bleibt: Das Boot wirkt unter Deck hell, aber nicht kühl, modern, aber nicht modernistisch, reduziert, aber nicht nackt. Was zugegebenermaßen eine subjektive Betrachtung ist. Jeden erfreuen werden dagegen gelungene Besonderheiten, die das Bordleben komfortabler gestalten. Der Salontisch ist so groß, dass er auch von den beiden Sesseln an Backbord aus erreichbar ist, wenn er voll ausgeklappt wurde. Zwischen den Sesseln ist ein weiterer Tisch installiert, der in der Höhe verstellt werden kann. Heruntergefahren ergibt sich in Kombination mit einem Einlegepolster und den beiden Sitzflächen eine stattliche Einzelkoje. Hochgestellt dient der Zweittisch zum Navigieren oder als Schreibecke.

Und in der Achterkabine lässt sich ein Kojenteil so aufstellen, dass aus dem Bett ein Sofa wird, falls sich mal jemand zurückziehen, aber nicht gleich hinlegen will.

Zu mehr Gemütlichkeit trägt auch das Beleuchtungskonzept bei, besonders im Salon. Neben dem natürlichen Licht aus drei Decksluken, vier zu öffnenden Aufbaufenstern und einem Rumpffenster sorgen Leselampen, Deckenspots und indirekte Beleuchtungen an der Innenschale des Himmels sowie im Fußraum für die individuell gewünschte Atmosphäre. Die lässt sich zu dem optional mit einem Bus-System zentral schalten, steuern und durchmischen.

So ist es denn die Summe an gelungenen Details, an praktischen Lösungen, die das Schiff wertig machen. Die schräge Deckskante lässt die Hanse 418 flacher wirken und schafft nebenbei einen guten Klebeflansch für die Verbindung zum Rumpf. Oder etwas profaner das Beispiel der Kleiderschränke: Die lassen sich gut für Bügelware nutzen, die man in das darunter liegende Fach hineinhängen kann, weil es dort keinen Deckel gibt. Alternativ ist das Schapp wie üblich in der Tiefe zu nutzen. In der schönen Pantry begeistern großes und kleines Waschbecken, Schwammschapp, Spritzschutz und der von oben wie auch von der Seite ent- und beladbare Kühlschrank mit 130 Liter Volumen.

Hanse 418: Funktionierendes Layout

Und der Gennaker ist glücklicherweise zum Test vor Barcelona an Bord. Mit alter Dünung, die Mistralausläufer unter Missachtung der schwachen thermischen Winde auf die Küste schieben, braucht es Fläche und Geduld. Die Bedingungen taugen nicht für sinnvolle Messungen; schüttelt die Welle mal kurz den wenigen Wind nicht aus den Segeln, lässt sich ein Potenzial zwar erahnen, aber nicht belegen.

Als Zusicherung gehobener Segeleigenschaften muss der Verweis auf die renommierten Konstrukteure von Judel/Vrolijk & Co dienen und die Erfahrungswerte mit dem Vorgängerschiff, das immerhin über 200-mal gebaut wurde.

Was indessen feststellbar ist : Mit einreiviertel Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag steuert sich das Boot mit den 90- Zentimeter-Rädern direkt genug. Im Standard sind übrigens optisch nicht zu dem Schiff passende Räder aus rostfreiem Stahl vorgesehen, dickere GFK-Teile von Carbonautica in Weiß oder Schwarz sind ein Extra.

Die Sicht nach vorn auf Wellen und Windfäden im Vorsegel ist gut, man sitzt relativ entspannt, kann sich aber nicht perfekt anlehnen. Der Rudergänger hat auf die achteren Winschen, zu denen auch die Fallen und Strecker geführt sind, direkten Zugriff. Somit ist das Boot perfekt einhandtauglich. Plotter und Kompass sind zentral an der Hinterkante des fest eingebauten Cockpittischs (für den ein Kühlschrank als Option angeboten wird) montiert. Während der Plotter noch gut ablesbar ist, trifft das auf den Kompass weniger zu. Zwei in Blickrichtung des Steuermanns oder zumindest auf den Steuersäulen angebrachte Nordzeiger wären sinnvoller. Alternative ist ein elektronischer Kompass mit großem Display an der Masthinterkante.

Die Leinen werden in seitlichen Staukästen wegsortiert. Die Großschot läuft vom Dach travellerlos und 1:4 untersetzt beidseits auf die Winschen, die Fock auf die Trommel an Steuerbord. In der Welle schlägt der Rutscher der Selbstwendefock von einer Seite auf die andere, auch ohne gesetztes Segel. Hier wären Stopper oder ein simples Leinenarrangement sinnvoll, das sich jedoch auch einfach selbst nachrüsten lässt.

Also Motor an: Der serienmäßige Yanmar mit 39 PS schiebt das Boot auf 7,2 Knoten bei Marschfahrt mit 2600 Umdrehungen pro Minute. Die Geräuschbelästigung beläuft sich auf maximal 75 db(A) in der Achterkammer. Die Manövriereigenschaften zeigen sich nahezu unauffällig, lediglich die Rückwärtsfahrt mit eingekuppelter Maschine scheint etwas unwilliger zur einen als zur anderen Seite ab- zulaufen. Alternativ lässt sich ein 57-PS-Aggregat desselben Herstellers ordern.

Die Maschine ist von allen drei Seiten gut zu warten, ebenso lassen sich Seewasserfilter und Saildrive-Seeventil einfach erreichen.

Hanse 418: Viele Optionen - Gegen Aufpreis

Dafür sorgen seitliche Klappen in den Achterkabinen und die einfach hochschwenkbare Niedergangstreppe. Die verläuft angenehm schräg ins Schiff und ist durch fünf Stufen bequem zu begehen. Der Salon wirkt hell und freundlich und durch einen vergrößerten Holzanteil, etwa am Hauptschott, gemütlicher als im Vorgängerboot.

Im Standard sind die Möbel mit dunklem, seidenmatt lackiertem Mahagoni furniert, der Fußboden ist mit heller Akazie beschichtet, die Arbeitsfläche schwarz mit weißen Sprenkeln. Wahlmöglichkeiten sind vier andere Hölzer, unter anderem die sogenannte französische Eiche wie auf dem Testschiff, dunklere oder hellere oder gestreifte Böden und eine cremefarbene Arbeitsplatte. Wählbar sind weiterhin zwei Grautöne für die Oberschränke. Ebenfalls Grundausstattung ist die lange Pantryzeile und nur eine Heckkabine an Backbord nebst großer begehbarer Backskiste auf der gegenüberliegenden Seite.

Egal, welche Version gewählt wird: Was positiv auffällt, sind die verschraubten und nicht knarzenden Bodenbretter, hochwillkommene Edelstahlhandläufe beidseits an der Decke, viele Spots, Leselampen und in- direkte Beleuchtung (als Extra programmierbar) sowie die mit 475 Liter Gesamtkapazität sehr großen Wassertanks. Die 43 mal 25 Zentimeter großen Rumpffenster schaffen schöne Ausblicke besonders unter Segeln oder vor Anker.

Hanse 418: Kleine Schwächen

Zu kritisieren sind die Schmelzsicherungen, die nach Auslösung selbst bei vorhandenem Ersatz nur aufwändig wieder zu aktivieren sind, und der in aufgeklapptem Zustand instabil wirkende große Salontisch.

Im Vorschiffsbereich sind fast noch die meisten Änderungen gegenüber der 415 er- folgt. Unter Wegfall der beiden seitlichen Sitze ohnehin fragwürdiger Sinnhaftigkeit wurde die Koje jetzt als Inselbett mit dem Kopfende nach vorn ausgestaltet. Das hat Schulterbreite gekostet, die Schlafstatt ist jetzt nur noch 1,45 Meter breit, die Gesamtfläche je- doch hat zugelegt. Und im Bett liegend sieht man durch das vordere Luk jetzt direkt in den Himmel ...

Im Vorschiff ist auf Wunsch ein Duschbad zu haben, die Koje wird dann umgedreht und unter Verzicht des am Ankerkastenschott sitzenden Bücherregals nach vorn geschoben. In beiden Fällen verbleibt genug Fußraum in der großzügigen Vorschiffskabine, die in den überwiegenden Fällen als Eignerreich gewählt werden wird.

Auch das Bad wurde umgestaltet. Setzte die Werft früher auf einen Toilettenraum mit Waschbecken und angrenzender separater Dusche, befinden sich nun das (abdeckbare) WC und die Brause im selben Abteil. Die Maßnahme hat etwas Platz im Waschraum gebracht. Die Stehhöhe beläuft sich in diesem Segment auf mindestens 1,91 Meter; im Salon und auch in den Kabinen steigt sie auf bis zu 1,97 Meter an.

Hanse 418: Fazit

Gutes optimiert? Ja, durch die Summe der Maßnahmen ist die Hanse 418 das bessere Schiff geworden. Mit einem Grundpreis von rund 173.000 Euro liegt sie obendrein auf dem niedrigen Niveau der vergleichbaren Konkurrenz. Und die gerät zunehmend härter: Bavaria wird in absehbarer Zeit ebenfalls ein neues Schiff dieser Größe bringen, und
dieses dürfte moderner sowie vielleicht an- sprechender als die vorherige Generation aus Giebelstadt ausfallen. Zumindest lässt die neue C 45 (s. Seite 20) diesen Schluss zu.

Ob der evolutionäre Ansatz aus Greifswald mittelfristig ausreicht, um sich im Wettbewerb der großen Hersteller aus dem eigenen Land und Frankreich behaupten zu können, die mit gänzlich frischen Interpretationen des idealen zeitgemäßen Tourers in der Zwölf-Meter-Klasse auftrumpfen dürften, muss und wird sich zeigen.

 

Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten

Zurück