Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten, sowie präzise technische Angaben.

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Yachttest der X37

Die Entwicklung der X-37

In der Werft tut sich einiges: Niels Jeppesen, Miteigentümer, Gründer und Konstrukteur, stellte den Händlern zum 25 -jährigen Bestehen der Firma zugleich das Programm der Zukunft vor: Man bereinigt die Palette radikal und zieht sich aus dem Sport zurück - zumindest aus dem international bedeutsamen!
Was nicht jedem in der Runde geschmeckt haben dürfte. Jeppesen trennt sich von den kleinen Typen der Längen 30 und 33 Fuß, und auch die Regattaklasse X-99 wird aus der Produktion genommen. Die X-79 und die IMX-Racer 40 und 45 sind bereits ausgeschieden. Auf der Internetseite von X-Yachts wurde die Rubrik Racer schon gelöscht. Obwohl diese Yachttypen einst den Grundstein des Erfolgs bildeten und wichtige Image- und Technologieträger für die schnellen Cruiser aus Dänemark waren. Sie hatten so manchen prestigeträchtigen WM-Titel und Pokal eingesegelt.
Jetzt gibt es nur noch Performance- Cruiser, alle in gleicher Design-Optik. X nimmt zu einem Zeitpunkt vom Regattasport Abschied, an dem die Konkurrenz gerade einsteigt. Zum Beispiel schickt Bavaria die Match-Serie erfolgreich ins Rennen, und auch bei Hanse erreichte man mit Konzept-Schiffen der Hanse 341 in Italien und einer Hanse 370 in Nordeuropa vielbeachtete Erfolge. Die Zukunft legt X ausschließlich in die Hände sportlicher Fahrtensegler, die schön, aber auch bequem und trotzdem schnell auf See gehen wollen.
 
Nun ist die Erneuerungswelle bei X-Yachts in Haderslev auch beim Mittelklassemodell angekommen. Die X-37 löst die bereits zehn Jahre alte 362 ab. Und wie schon die X-40, X-43 und 46 ist auch die X-37 ein eleganter Cruiser mit viel Speedpotenzial, der alle Charaktereigenschaften der neuen Linie konsequent präsentiert: einen flachen, gestreckten Rumpf mit markanten Fenstern, ein moderat hohes Deckshaus und einen steilen Steven mit rassig kurzem Bugkorb. Auch die X-37 besitzt die unverwechselbaren drei breiten Streifen über dem Wasserpass, die sie für jedermann unverkennbar zur X macht.
 

X-37 im Yachttest

 
Wir haben bereits vor einem Jahr die neue 43er getestet (siehe Yacht 1412003) und waren nun gespannt, was die X-37 zu bieten hat. Den Testartikel im Gepäck (man will ja schließlich prüfen, ob Kritik an der X-43 angenommen wurde oder ob ähnliche Schwachstellen am neuen Boot auszumachen sind), fahren wir nach Glücksburg an die Flensburger Förde und finden die X-37 am Steg des FSC.
 
Ein erster Blick zeigt: Das dunkelblaue Schiff sieht klasse aus mit seinem wirklich eleganten Rumpf, der Sprayhood-Garage und einem steilen Steven mit versenkt eingebauter Rollanlage, auf dem weder Ankergeschirr noch Bugbeschlag stören (auf Kundenwunsch nicht montiert). Die Baunummer 2 (von bislang zirka 30 verkauften und 6 ausgelieferten X-37) ist mit Teak im Cockpitbereich, auf den Seitendecks und dem Kajütdach belegt. Fallen und Strecker laufen verdeckt nach achtern ins Cockpit, das Steuerrad ist nicht zu groß geraten, das Deck weitgehend frei. Mit anderen Worten: eine konsequente Vertreterin der neuen X-Linie und überaus gelungen.
 

X-37: Grandiose Segelleistungen

 
7 bis 10 Knoten Wind und eine glatt gebügelte Innenförde sind nicht gerade üppig, weder zum Testen noch für einen spaßvollen Nachmittagsausflug. Aber bei leichtem Wind zu segeln hat auch Vorteile. Man spürt zum Beispiel sehr viel besser, ob ein Schiff lebendig, manövrierfreudig und spurtreu ist und vor allem, ob die Ruderanlage dem Steuermann das nötige Feedback vermitteln kann. Wie steif eine Yacht allerdings ist, lässt sich bei solchen Bedingungen nur vermuten - aber ein Ballastanteil von über 40 Prozent sollte für ausreichend Stabilität sorgen.
 
Das Testboot ist mit dem Standardkiel (1,98 Meter), Lattengroß und 135-prozentiger Rollgenua sowie Spinnaker ausgerüstet. Als weitere Extras neben dem Teakdeck finden sich Navi-Elektronik am Geräteträger und über dem Schiebeluk sowie die beiden Andersen-Elektrowinden auf dem Cockpitsüll. Ob man E-Antriebe wirklich auf einem 37-Fuß-Schiff benötigt, darüber lässt sich wohl streiten - auf dieser X-37 sind sie jedoch unerlässlich, denn bei aufgestellter Sprayhood ist das Drehen einer Winschkurbel gar nicht möglich. Doch die Sprayhood klappen wir vor dem Ablegen zusammen und verstecken sie in ihrer Garage unter einer schmalen Persenning. Das war bei der 43er noch hakelig und mühsam, jetzt ist das Design ausgereift.
 
DieX-37 lässt uns nicht spüren, dass es eigentlich flau ist. 6,3 Knoten Geschwindigkeit sind wahrhaft ein flottes Tempo, natürlich hilft das glatte Wasser. Was auffällt, ist das sehr sensible Gefühl am Rad. Ein leichter Ruderdruck ist jederzeit spürbar, und man merkt sofort, ob das Schiff seinen Kurs verlassen will. Beim Wenden muss der Steuermann recht behutsam agieren, denn wenn er das Rad zu schnell bewegt, dreht das Schiff nahezu ungezügelt und in engem Radius. Die X-37 gibt sich wirklich lebendig und manövrierfreudig. Die Balance des tiefen, schmalen Ruders ist perfekt, was bei früheren X-Modellen nicht immer so war.
 
Gutes auch von der Beschleunigung: Der Topspeed ist kurz nach der Wende wieder erreicht und jede kleine Windbö macht sich augenblicklich auf dem Speedometer bemerkbar. Den Wendewinkel der X-37 ermitteln wir mit 82 Grad, was für den leichten Wind sehr ordentlich ist. Das Potenzial zur ehrlichen 70er-Marke bei guter Brise dürfte da sein. Bei 60 Grad Windeinfall lesen wir zwar 6,8 Knoten ab, aber der Wind ist leider nicht stetig genug, um wirklich realistische Daten sammeln zu können. Da das Testprozedere auch Geschwindigkeitsmessungen bei 90, 130 und 180 Grad Windeinfall verlangt, verbinden wir das mit Segelspaß und setzen Spinnaker. Das geht bei der neuen X-37 schnell und unkompliziert. Das Geschirr ist auch auf der 37er auf Dickschiff getrimmt, mit einem Baum mit Pin-Aufnahme am Mast und dazu doppelten Schoten. Alle Beschläge sitzen am richtigen Platz.
 

X-37 Deckslayout

 
Zeit, sich um die restliche Ausrüstung zu kümmern. Das silber eloxierte Zwei- Salings-Rigg mit gemäßigter Pfeilung kommt von John-Mast. Bei der 43er stammte es von Sparcraft und war weiß lackiert, was weitaus eleganter wirkte. Sonst jedoch sind keine Auffälligkeiten vorhanden. Die X-37 ist mit Einleinenreffs und festem Kicker sowie einer Achterstag- Hydraulik (Navtec) ausgestattet. Die geringe Salingpfeilung ermöglicht es durchaus, den Mast ordentlich zu biegen. Weniger gefällt die Großschot, die auf dem Traveller durch einen Doppelblock mit Doppelklemme (Frederiksen) geführt wird. Durch die vielfache Untersetzung liegt am Wind immer viel Schot auf dem Cockpitboden. Nach unserem Geschmack wäre das klassische System einer zweipartigen Schot, die von Höhe der Wanten jeweils nach achtern auf eine Winde auf das Cockpitsüll geführt wird, besser - so wie es auf vielen Yachten der Fall ist (First 36.7, Dehler 35, Dufour 40, Sun Fast 37, Salona 38 race , Salona 40 race, Salona 42 race).
 
Doch die Konstruktion der Backskistendeckel hat dieser Variante im Weg gestanden, denn die Deckel sind Teil der Sülloberkante. Und dort müssten die Winden platziert werden. Die feinfühlige Steuerung von Jefa arbeitet mit einem Schubgestänge. Leider ist sie weder durch die achteren Backskisten noch von unter Deck aus ohne den Ausbau von Verkleidungen zugänglich. Nicht gefallen hat wie bei der X-43 schon der zu mächtig geratene Geräteträger am Ruderpodest. Das Volumen der Backskisten fällt bei der gesegelten Zwei-Kabinen-Version mit über zwei Kubikmetern riesig aus. Das ist allerdings auch nötig, denn die Inneneinrichtung hält keinesfalls Stauraum- Überraschungen bereit.
 

X-37 unter Deck

 
Nach dem begeisternden Segeltörn fällt der Blick unter Deck ernüchternd aus. Die Einrichtung und Ausstrahlung der neuen X- 43 noch vor Augen, eröffnet sich auf der X- 37 eine weniger beeindruckende Welt. Alles ist geräumig, hat aber wenig Pfiff und Glanz. Nicht nur, weil das Mahagoni- Holz extrem matt versiegelt ist, sondern auch, weil man sich in einer Einrichtung wiederfindet, die man so schon seit vielen Jahren kennt: Sofa links, L-Sofa rechts, dazwischen ein Tisch mit ausklappbaren Seitenflügeln.
 
Pantry und Navi sind ebenfalls so gestaltet, wie man es von vielen Yachten aller Preisklassen her gewohnt ist. Eine Mittelsitzbank und eine lange Küchenzeile an der Seite ist als Ausbauvariante bei der X-37 leider nicht vorgesehen. Diese Details waren mal X-typisch. Schiffe lernt man mit dem Kopf am besten kennen. Meist stößt man sich überall heftig, bis das Erinnerungszentrum die Koordinaten zu flacher Deckenhöhen, Türdurchgänge oder des Schiebeluks gespeichert hat.
Diese X- 37 mit einer Achterkabine (breitere Koje als bei doppelter Achterkabine) und zweiter Nasszelle vorn lässt den Kopf schnell lernen. An einer Position hilft jedoch Lernfähigkeit nicht. In der Achterkammer beträgt die Deckenhöhe über der Koje auf Kopfhöhe 40, im Fußraum 20 Zentimeter (!). Umdrehen ist kaum möglich, zumal exakt über dem Gesicht eine große Leselampe die Bewegungsfreiheit nicht nur einschränkt, sondern eigentlich unmöglich macht. Hier spätestens bemerken Bewunderer des schönen flachen Rumpfes, dass Eleganz außen eben innen einen hohen Preis fordert. Sie gibt einfach nicht mehr Deckenhöhe her. Nicht anders verhält es sich mit dem Stauraum.
 
Bei der X- 37 hat man anscheinend versäumt, nach kreativen Lösungen zu suchen und jeden Winkel auszuquetschen. Zum Beispiel der Bereich über den Salon- Rückbänken. Hier müsste man nur ein kleines Geländer einbauen lassen, schon würde ein großes Stauvolumen entstehen. Auch in der Pantry ist das Platzangebot allenfalls für einen verlängerten Wochenendtörn ausreichend. Nur im Vorschiff unter der Koje gibt es genug Platz, unter den Salonbänken und den Achterkojen ist er durch den Einbau von Tanks und Batterien sehr reduziert. So gut das Schiff optisch, besonders außen, gefällt, so wenig begeistert es im Detail. Zum Beispiel wird im Salon ein Kunststoffbezug an der Bordwand um die Rumpffenster verwendet. Bei der 43er war dort noch Holz.
 
Man bekommt den Eindruck, dass bei der 37 ein niedrigerer Qualitätsmaßstab als früher zugrunde liegt. Einige Mängel wurden bereits im 43 er-Test benannt, vieles wurde jedoch nicht behoben. So klemmen nach wie vor alle Druckknöpfe der Schranktüren und Backskisten. Die Sofakissen lassen sich nur mühsam mit Klettverschlüssen in der richtigen Position fixieren, und die Unterteilung der Sitzpolster stimmt nicht mit den Deckeln der Staufächer darunter überein. Die Spaltabmessungen zwischen manchen Bauteilen (zum Beispiel Innenschalen/Schotts) entsprechen nicht dem Anspruch eines Premiumprodukts. Die auffälligen weißen Sika-Fugen überschreiten das Ein-Zentimeter-Maß leider auch an markanten Positionen. Da stimmt das Verhältnis von Preis und Leistung nicht mehr ganz. Die Liste kleiner Ärgerlichkeiten ist zwar nicht sehr lang, aber bei einem Preis von fast 207000 Euro (ohne Extras wie Teakdeck, Sprayhood oder Elektrowinden) sollten sie bei einer Yacht nicht vorkommen, die durchaus der Edelklasse zuzuordnen ist. Dass zwei von vier Türen klemmen, eine klappert und nur eine wirklich passt, dass offen liegende Kreuzschlitzschrauben schräg eingesetzt wurden oder der Salontisch auf seinem Standbein heftig wackelt, muss kein Kunde akzeptieren. Da wäre mehr drin gewesen.
 

Fazit Yachttest X-37

 
Die X-37 ist ein moderner Performance- Cruiser, der hervorragend segelt und mit dem man in jedem Hafen einen Schönheitspreis gewinnen kann.

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