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Hier geht es zum kostenpflichtigen Download (3,-€, Autor: Fridtjof Gunkel , Heft 9/2002): > Yachttest der Sun Odyssey 43

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Yachttest der Sun Odyssey 43

Sun Odyssey 43

Die Idee liegt nahe, ist nicht neu und birgt große Chancen: Wenn der Automobilbau im so genannten Plattformverfahren auf einer Basis verschiedenste Pkw erstellt und so Kosten sparen kann, sollte sich dies auch auf den Yachtbau übertragen lassen. Beispiel Renault Megane: Das Fahrzeug aus der unteren Mittelklasse ist als Kompaktwagen, Mini-Van, Limousine, als Cabrio sowie mit Stufenheck zu haben - auf einer gemeinsamen Chassis-Konstruktion. Übertragen auf Yachten, konstruiert und baut die Werft einen Rumpf und generiert über die Variablen wie Segelfläche, Rumpfanhänge, Deck und Innenraum verschiedene Konzepte.
Eine Strategie, die Jeanneau aus Frankreich seit geraumer Zeit mit Fortune verfolgt. Die frischeste Kreation ist die Gruppe in der 43-Fuß-Größe. Da haben die zur Beneteau-Gruppe gehörenden Macher aus Les Herbiers in der Nähe der französischen Atlantikküste das ganze Spektrum modernen Yachtbaus mit einem Rumpf abgedeckt. Die gängigste Version ist für Eigner und Charterer das zahme Fahrtenschiff Sun Odyssey 43 üblicher Machart mit moderatem Verhältnis von Segelfläche zu Verdrängung und konventioneller Innenraumgestaltung. Dem kleinen Trend zu Deckshausyachten folgt die ebenfalls knapp betuchte Sun Odyssey 43 DS, die sich an die kleine Eigner-Crew richtet.
Die europaweite Begierde nach sportlichen Cruisern/Racern für die Regattabahnen sucht die Sun Fast 43 zu befriedigen. Die Idee klingt erst mal gut. Jedoch: In welche Richtung ist der Rumpf optimiert? Ist der Racer auch wirklich reinrassig genug, wenn die Form gleichzeitig für ein Schiff mit großem Platzangebot taugen muss? Oder ist der Cruiser zu schmal geraten und damit nur ein Kompromiss? Und lässt sich ein schneller Rumpf überhaupt mit dem Deckshauskonzept vereinbaren, das immerhin ein größeres Gewicht und einen höheren Schwerpunkt mit sich bringt?

 

Sun Odyssey 43: Segeln in drei Leistungsklassen

Die Frage nach den unterschiedlichen Segelleistungen war schnell, aber nicht gänzlich vorhersehbar beantwortet. Bei leichten 8 bis maximal 11 Knoten Wind (3 bis 4 Beaufort) machte die Sun Fast ihrem Namen alle Ehre. Überlegen in den Disziplinen Höhe und Geschwindigkeit, fuhr sie den ungleichen Schwestern auf und davon. Mit dem optionalen Kohlefasermast und guten North-Segeln ausgestattet, erreichte sie bis zu 6,8 Knoten am Wind bei einem wahren Windeinfallswinkel von rund 42 Grad - was sehr gute Werte sind.
Die Deckshausyacht mit weniger Tuch, etwas mehr Gewicht und kürzerem Kiel brachte es da auf nur rund 45 Grad und mehr bei maximal 5,5 Knoten Speed. Jedoch sind die Daten nur eingeschränkt verwertbar, da beim Test stark variierende Bedingungen herrschten. Das große Delta von über einem Knoten ist aufgrund der verschiedenen Segelflächen erklärbar, angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen und der Ansprüche aber zu verschmerzen.
Und die konventionelle Sun Odyssey 43? Erstaunlicherweise zeigte das ebenso schwere, aber mit etwa vier Quadratmeter mehr Segelfläche ausgestattete Boot weniger Pepp als die DS. Zwar trugen beide Testschiffe Rollgroßsegel. Die DS jedoch war mit einem Faltpropeller bestückt, während die Sun Odyssey einen dreiflügeligen Festpropeller durchs Wasser schleppen musste - was den Speed-Unterschied zumindest teilweise erklärt.

 

Frage des Gewichts bei der Sun Odyssey 43

Letztlich fokussiert sich die Frage nach faulem Kompromiss oder gelungener Lösung auf die Verdrängung - womit die Analogie zum Auto denn auch schon nicht mehr stimmt. Unterschiedliche Displacements erfordern verschiedene Rumpfformen. Tatsächlich differieren die Gesamtgewichte der drei Probanden nur unwesentlich. Die beiden Fahrtenschiffe bringen 9,3 Tonnen an den Haken, die Sun Fast kommt mit 100 Kilogramm weniger aus.
Die Unterschiede liegen in den Segelflächen: Während die betont sportliche Fast-Version auf 117,0 Quadratmeter am Wind und somit auf eine Segeltragezahl von 5,17 kommt, hat die Normalversion nur 92,2 Quadratmeter und einen Koeffizienten von 4,56. Der ebenso schweren Deckssalonyacht verpassten die Konstrukteure lediglich 88,0 Quadratmeter Tuch - macht eine Segeltragezahl von 4,46. Die verschiedenen Charaktere der drei Yachten zeigen sich auch in den Tiefgängen: Der Flitzer bringt es auf effektive 2,55 Meter, während die beiden Tourer nur 2,00 Meter aufweisen und flachere, 1,60 Meter tiefe Alternativen bieten.
Somit dürfte das sportliche Ranking theoretisch klar sein - was zu beweisen war, aber in natura unerwartet anders ausfiel. Alle drei Schiffe bestehen im Rumpf aus GFK-Vollmaterial, die Sun Fast jedoch aus komplettem Handlaminat. Das verwundert: Leistungsorientierte Yachten haben heutzutage fast überwiegend leichtere und mindestens ebenso feste Sandwich- Rümpfe. Die Decks sind alle handlaminierte Sandwichs mit einem Kern aus Balsaholz, was nebenbei für Schall- und Temperatur-Isolierung sorgt.
Die Verbindung zwischen Deck und Rumpf ist jeweils geklebt und verbolzt, die Schotten werden einlaminiert. Unterschiede gibt es dagegen bei den Preisen. Die Sun Fast startet durch das teurere Rigg und das ausgeklügelte Regatta- Deckslayout bei rund 206000 Euro. Obwohl ebenfalls aufwändig durch die Deckshauskonzeption, kommt die DS mit knapp 195000 Euro daher. Die konventionelle Sun Odyssey schlägt mit fast 180000 Euro zu Buche und liegt damit im unteren Segment ihrer Größe.

 

 

Sun Odyssey 43: Sportlicher Cruiser/Racer

Die Sun Fast jedenfalls springt am besten an, setzt jedes Plus an Wind schneller um und ist ein durchweg agiles Schiff, das den sportlichen Segler zufrieden stellt. Wie die normale Sun Odyssey auch ist sie mit zwei Rädern ausge-stattet, an denen es sich in Luv oder Lee bestens steuern lässt. Fußleisten für den sicheren Stand bei viel Welle und Lage wären hier wünschenswert. Die Cockpitduchten jedoch sind auf der Sun Fast mit kleinen Fußleisten für den Großschottrimmer versehen. Im Cockpit arbeitende Segler finden Halt durch die schrägen Winkel der Tischhalterung, die nur auf den anderen beiden Schiffen ihrer eigentlichen Bestimmung nachkommt. Der 9/l0-getakelte, durch gepfeilte Salinge backstagslose und gut trimmbare Mast ist durch das Deck gesteckt und steht auf dem Kiel.
Das Deckslayout der Fast gefällt im Großen und Ganzen. Leinenverstellbare, kugelgelagerte, reibungsarme Genuawagen, die effektive und beidseits per Winsch bedienbare Großschot, der hydraulische Achterstagspanner sowie kräftig zubeißende Stopper und Klemmen machen Manöver und Trimmarbeit schnell und einfach. Die Genuawinschen könnten jedoch etwas dichter am Cockpit stehen, um sie effektiver bedienen zu können. Und der Spibaumniederholer sollte beidseits zu fahren sein. Hübsch: Durch auf dem Kajütdach montierte Rollen kann jedes Fall mit jeder Fallenwinsch bedient werden.
Das bedeutet Flexibilität in Manövern - so lassen sich die Spischoten über Kreuz auf dem Dach fahren, was den Stand und die Position des Seglers an der Kurbel gegenüber der leeseitigen Variante verbessert. Das ist insgesamt ein Deckslayout, das zum Racen fast perfekt ist und beim Cruisen nicht stört. Im Gegenteil: Die Großschot ist vom Steuermann aus erreichbar,was das Segeln mit kleiner Crew drastisch vereinfacht. Dennoch ist das Boot durch die enorme Segelfläche ohne rollreffbares Vorsegel nur für sportliche Segler die richtige Wahl.
Konventioneller Cruiser Die Sun Odyssey macht da deutliche Abstriche an die Effizienz. Zwar stehen auch hier zwei Räder zur Verfügung, an-sonsten aber ist das Layout auf das Wesentliche reduziert. Die Großschot greift (für den Rudergänger unerreichbar) vor dem Niedergang an, die Genuaholepunkte sind nicht leinenverstellbar, und ein Achterstagspanner fehlt. Der toppgetakelte Rollreffmast steht im Gegensatz zur Konfiguration der Sun Fast an Deck, und die Genua ist ebenfalls per Rollreff zu verkleinern.
Wie auch die anderen bei-den Schwestern überzeugt die Sun Odyssey durch ausgewogenes Steuerverhalten mit leichtem Luvdruck. Die während des Vergleichssegelns eher ernüchternden Leistungen relativierten sich beim Einzelversuch unter besseren Windbedingungen mit 4 Beaufort. Da kam das Schiff bei einem Wendewinkel von 90 Grad, sprich einem Einfallswinkel von 45 Grad zum wahren Wind, auf gemittelte 6,4 Knoten.

 

Fazit

Obwohl Jeanneau ein- und dieselbe Rumpfform für die drei verschiedenen Konzepte gewählt hat, konnte die Werft eine klare Separierung der drei Typen erzielen, die unterschiedliche Käufer-Charaktere gut bedienen und sich auch sonst in dieser Schiffsgröße ein Alleinstellungsmerkmal verschaffen. Segler mit Regatta-Ambitionen und solche, die einfach nur sportlich-schnell unterwegs sein wollen, werden die Sun Fast wählen. Das Schiff segelt ausgesprochen gut, verfügt über ein effektives Deckslayout und hat dennoch einen gemütlichen Innenausbau.
Wie konkurrenzfähig das Schiff nach IMS und anderen Handicap-Systemen ist, muss sich auf der Regattabahn gegen vergleichbare Konkurrenz zeigen. In Frankreich und Spanien hat das Schiff mit einer Werksmannschaft bereits gute Erfolge verbuchen können. Vercharterer und größere Familiencrews sind mit der Sun Odyssey 43 gut beraten. Der Preis stimmt, Optik, Aufteilung und Eigenschaften werden den Geschmack der großen Zielgruppe treffen.
Wer mehr Leistung will, sollte in einen Faltpropeller investieren und ein durchgelattetes Großsegel anstelle des Rollgroß wählen. Eignercrews mit Kindern oder Gästen, die nicht in ausgeprägten Schönwetterrevieren segeln, werden sich mit der Deckssalonyacht anfreunden können. Die ist preislich attraktiv, optisch gut umgesetzt und segelt recht flott. Kompromisse? Als Cruiser/Racer könnte das Schiff sicher leichter und weniger aufwändig ausgebaut sein. Reine Fahrtenyachten dieser Größe dagegen dürfen voluminöser ausfallen, um größere Kammern vorn und achtern sowie mehr Zuladung zu erlauben.
Ein typisches Fahrtenschiff wie die Bavaria 44 hat vorn beispielsweise eine 30 Zentimeter breitere Koje als die DS. Insgesamt stehen die drei Schiffe eher in der sportlichen Ecke - womit sie den seglerischen Zeitgeist treffen. Und sie sind erfolgreich: Insgesamt wurden bereits 630 Einheiten verkauft - die sich zu je einem Drittel auf die verschiedenen Typen verteilen. Fridtjof Gunkel

 

Innenraum der Sun Odyssey mit Pfiff

Der Aufbau der Deckssalonyacht fügt sich noch relativ harmonisch in das Gesamtbild; da finden sich auf dem Markt weniger gelungene Umsetzungen der Panorama-Idee. Jedenfalls schafft der Deckssalon Licht und Luft sowie die Möglichkeit, sitzend die Umgebung zu betrachten. Der Blick nach vorn ist jedoch durch das hochgezogene Hauptschott verwehrt. Gegenüber der Sitzgruppe sind zwei einzelne Plätze an einem Tisch untergebracht.
Dieser Bereich ist als Navigationsecke oder als Büro nutzbar. Flächen für Einbaugeräte sind ausreichend vorhanden. Während die Pantry neben dem Niedergang auf Salonniveau liegt, ist das gegenüber untergebrachte größere von insgesamt zwei Bädern tiefer gelegt. Neben einer Innenraumhöhe von 1,87 Metern überrascht die Nasszelle durch eine per Plexiglasscheibe abtrennbare Duschkammer.
Da stören nur die - wie auch auf Jeanneaus anderen 43-Fußern - korrodierten Schapp knöpfe. Die übrigen, ebenfalls tiefer als der Salon-/ Pantrybereich liegenden Kammern warten mit weiteren Besonderheiten auf: Im Vorschiff besteht die Wahl zwischen einer großen Eignerkabine mit Schreib-/ Schminktisch oder einer um diese Komponente kleineren Kammer, was einen zusätzlichen Raum mit zwei Stockbetten ermöglicht. Dessen Kojen sind mit den Längen von 1,86 und 1,84 Metern sowie den Schulterbreiten von 65 und 60 Zentimetern klein geraten, sollten aber Kindern und Jugendlichen genügen.
Die Vorschiffskoje entspricht dafür mit dem Maß von 1,98 mal 1,53 Meter marktüblichen Dimensionen. Auch für den achteren Schiffsbereich hat der Kunde die Wahl: entweder zwei identische Achterkammern oder eine große Kabine mit zentralem Doppelbett. Für Notfälle oder als Seekoje kann idealerweise das ohne Rückenpolster 2,12 Meter lange und 60 Zentimeter breite Salonsofa herhalten. Diese Koje ist durch Absenken des Salontisches und zusätzliche Polster verdoppelbar - was jedoch einen Aufpreis erfordert. Neben den vielen Einrichtungsvarianten überrascht das Schiff durch geradezu liebevolle und praktische Details.
So wurde der Raum unter dem hoch liegenden Salon konsequent zum Stauen genutzt. Unter scharniergelagerten Bodenbrettern sind herausnehmbare Körbe eingebaut. An Deck ist eine Mini-Backskiste vorgesehen, die das Landstromkabel aufnimmt. Oder die Klampen, die zum einfacheren Durchholen der Festmacher mit senkrechten Rollen versehen sind und die auch auf den anderen beiden Versionen Einsatz finden.

 

Sun Odyssey: Komfortable Fahrtenyacht

Die Deckshausyacht hat für ein größeres Innenraumvolumen und analog zu der voraussichtlich geringeren Crewstärke ein kleineres Cockpit. Das Brückendeck schafft mehr Kopffreiheit in der Achterkammer und erlaubt zugleich Flügeltüren anstelle von unhandlichen Steckschotten im Niedergang. Es gibt nur ein kleineres Rad, das von Luv jedoch keinen optimalen Blick auf die Windfäden zu-lässt. Das Heck weist einen seitlich versetzten Durchstieg auf und bietet Stauraum für eine Rettungsinsel. Die Genuawinschen sind weit achtern in der Nähe des Rudergängers platziert. Die Großschot jedoch sitzt vorn vor dem Niedergang auf dem Kajütdach und ist dort dem Zugriff des Rudergängers ebenso wie auf der Sun Odyssey entzogen.

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