Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. Autor: Fridtjof Gunkel, Heft 24/2007

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Yachttest der Oceanis 37

Kampfansage - Die neue Oceanis 37

Moderner, schneller, günstiger - mit der neuen Oceanis 37 kann Beneteau den Markt der Fahrtenschiffe aus der Großserie aufmischen. Nun ist ja die Optik eines Bootes in erster Linie eine Geschmacksfrage. Großserienwerften achten natürlich darauf, es mit ihren Produkten möglichst vielen Menschen recht zu machen und dabei noch eigenständig zusein. Das ist schwierig und gelingt beileibe nicht immer.

Beneteau dürfte es aber mit der neuen Oceanis 37 geschafft haben. Die Linien des Fahrtenschiffs wirken markant und männlich, der Aufbau kantig und das Heck breit. Der fast gerade Deckssprung hebt den Bug, die gedachte Verlängerung des Kajütdachs trifft auf die Stevenspitze. Das wirkt harmonisch. Gelungen sind auch die breiten Laufdecks. Insgesamt kann das Boot einem also gefallen. Ebenfalls gut gelöst: Die Oceanis 37 lehnt sich mit einer großen, dunklen Fensterfläche und vergleichbaren Rumpfformen an die überarbeitete Oceanis-Reihe des gehobenen Segments mit den Typen Oceanis 31, Oceanis 34, Oceanis 34-2, Oceanis 40, Oceanis 43, Oceanis 46 an, verzichtet aber auf deren halbelliptische Aufbauten mit Panoramafenster davor. Dies auf eine 37er oder später auf noch kleinere Schiffe zu übertragen wäre zumindest fragwürdig gewesen.

 

Oceanis 37: Die Konzeption

Gemeinsamer Nenner ist das italienische Stilisten-Team von Nauta Design, das im Wesentlichen die Gestaltung sowie die Inneneinrichtung übernahm. Jedoch beauftragte Beneteau diesmal andere Konstrukteure. Statt an das Team Berret-Racoupeau, das die größeren Schiffe verantwortet, ging der Job für Rumpf und Segeleigenschaften der kleineren Oceanis-Yachten an die Franzosen Finot-Conq & Associates - Spezialisten für breite Hecks. Diese haben sich besonders im Offshore-Regattabereich einen Namen gemacht. Beispielsweise zeichneten sie den in den zwei vergangenen Vendee-Globe-Rennen (rund um die Welt, nonstop, einhand) erfolgreichen Open 60 "PRB" und den schnellen Minitransat-Renner "Degremont-Synergie" der Deutsch-Französin Isabelle Joschke, die als erste Frau eine Minitransat-Etappe gewann. Beide Boote und auch die Oceanis 37 haben das breite Heck gemeinsam. Das ist auf Rennern gut für raume Kurse und auf Fahrtenyachten für Platz in Cockpit, Backskiste und Achterkammer. Es kann aber Probleme bereiten, wenn Stabilität gefragt ist. Schlechten Konstruktionen hebelt es dann bei Wind die Kiste aus dem Wasser bis zum Sonnenschuss. Nicht bei der Oceanis, was sie vor LaRochelle unter Beweis stellen konnte.

 

Oceanis 37: Unter Segeln

Ein recht druckvoller Nordwest von bis zu 20 Knoten lässt noch Vollzeug zu. Ein Reff wäre jetzt die gemütlichere Variante, aber die testweise verwendete Segelfläche zeigt: Auch eine Krängung von 30 Grad bedeutet bei der Oceanis 37 noch keinen Sonnenschuss. Prima. Am Wind lassen sich bei glattem Wasser in der Abdeckung bis zu 6,8 Knoten loggen, weiter auf See mit kurzer Welle sind es immer noch gut 6,2. Dabei überzeugen die Wendewinkel von 80 Grad. Bis zu 9 Knoten sind bei halbem Wind drin, unter Gennaker raumschots auch etwas mehr, wobei die Welle beim Test zu kurz für schnelle Surfs im zweistelligen Bereich ist. Dabei steuert sich die Oceanis 37 angenehm. Es reagiert direkt genug, der Druck ist dosiert vorhanden, und die Anlage arbeitet auffällig schlupffrei, obwohl es sich um ein Seilzugsystem handelt.

 

Oceanis 37: Symmetrisch auch bei Lage

Konstrukteur Pascal Conq über Boote mit breitem Heck und sein neuestes Design für Beneteau: "Für die Oceanis 37 war unter anderem eine schöne Silhouette das Ziel mit nicht zu viel Freibord und einem klar gegliederten, flachenAufbau. Für den Rumpf konnten wir unsere Erfahrungen mit Open 60s und Mini-6.50-Booten nutzen, um ein gut segelndes breites Boot mit einem kräftigen Heck zu schaffen. Die Oceanis 37 hat eine lange Wasserlinie und eine gleichmäßige Volumenverteilung. Die große Breite generiert viel Stabilität und somit Geschwindigkeit. Dabei ist es wichtig, dass die Heckform in Relation zum übrigen Schiff so gestaltet ist, dass es auch bei starker Krängung nicht spürbar vertrimmen kann. Die Rumpflinien bleiben dann auch bei Lage symmetrisch,der Lateraldruckpunkt verschiebt sich kaum. Dies ist uns offensichtlich bei der Oceanis 37 gelungen."

 

Oceanis 37: An Deck

Das Rad soll noch ein wenig vergrößert und die Achse erhöht werden. Ergonomisch ist dies angeraten. Das weiter oben ansetzende Rad wird sich im Stehen angenehmer bewegen lassen, und im Sitzen kommt der Rudergänger etwas weiter nach außen. Dort sitzen kann er gut, denn das Süll ist hier fast auf Decksniveau abgesenkt. Wer mag, kann auch direkt hinter dem Lenker hocken; die kleine Hecköffnung wird per Klappe geschlossen. Der Rudergänger kann die Genua der Oceanis 37 mit bedienen; die Trommeln sitzen direkt in seinem Aktionsradius.

Die Großschot ist auf eine Fallenwinsch geführt. Das könnte man als störend empfinden. Ebenso das Fehlen von leinenverstellbaren Holepunkten und Achterstagstalje. Beides würde den seglerischen Komfort und die Effizienz steigern. Vermissen wird man ebenso Fußstützen achterlich des Rads und eine serienmäßige Scheuerleiste. Das war es dann aber auch schon. Im breiten Cockpit kann sich die Crew am Tisch abstützen, davor ist ein - allerdings flacher - Holzkeil montiert.

Beachtung verdient der Niedergangsbereich. Die Kombination Schiebeluk und Steckschott dürfte diverse Mannstunden in der Entwicklung geschluckt haben. Zum Schließen wird das Schott unter dem zugezogenen Luk herausgeholt, Funktional! An der Unterkante rastet es dann ein und schließt. Durch eine Gummilippe ist es dicht. Das Schiebeluk lässt sich wie üblich auch bei geschlossenem Schott öffnen. Insgesamt eine gute Lösung, da so nie das Schott einzeln herumfliegt.

Ebenso neuartig: Nicht nur, dass es überhaupt einen Stauplatz für die Rettungsinsel gibt, sondern das Ganze ist zudem gut gelöst. An Backbord wurde die Backskiste verkürzt, ein klappbarer GFK-Deckel ragt achterlich davon bis auf den Cockpitboden. Dort sind die Gasflaschen in einem eigenen Behälter und eben bei Bedarf die Insel gelagert, die sowohl vom Stufenheck als auch vom Cockpit aus entnommen werden kann. Gefällig sind gleichfalls simplere Dinge, die von dem Streben der Werft zeugen, ihre Produkte weiter zu verbessern und nicht stillzustehen. Da wäre die rutschfeste Struktur auch auf den Ecken des Aufbaus, wo sie gern schon mal weggelassen wird. Oder die Tatsache, dass das Teakdeck (Extra) nicht ganz nach achtern läuft, wo es durch Schmutz an Festmachern oder beim Tanken übergelaufenen Diesel verunziert werden könnte.

 

Oceanis 37: Unter Maschine

Unter Motor gibt es keine Auffälligkeiten: Der 30-PS-Yanmar quirlt per Welle die Oceanis 37 auf 6,4 Knoten Marschfahrt. Die Geräuschentwicklung ist mit 78dB(A) in der Achterkammer noch knapp unter der Grenze zum Lauten. Drehkreis und Stoppmanöver sowie Rückwärtsfahrt absolviert die Oceanis 37 wie andere Yachten ihres Kalibers.

 

Oceanis 37: Unter Deck

Seegerecht auch unter Deck: Unter Deck zeigen sich weitere Stärken der neuen Oceanis 37. Die Zeiten des dunklen Salons sind vorbei. Die verwendeten Holzfurniere sind hell und ruhig gemasert, der passende Laminatboden ist pflegearm. Das Layout wirkt gut strukturiert und ordentlich. Zwei Versionen sind im Angebot. Mit doppelten, identisch großen Achterkammern wird das Bad etwas kleiner. Mit nur einer Kabine, in der man quer zur Schiffsrichtung schläft, können das größere Bad und der Kartentisch nach achtern wandern, wodurch die Koje an Steuerbord Bettmaße erreicht. In jedem Fall sitzt man auf derselben beim Navigieren am Kartentisch mit Blick nach achtern. Eine Konzession an den Wunsch nach Wohnkomfort und an die Tatsache, dass heutzutage mehr mit dem Kartenplotter als mit dessen Papier-Pendant gearbeitet wird.

 

Oceanis 37: Die Pantry

Besonders die L-förmige Pantry gefällt: Die Waschbecken sind fast in der Schiffsmitte platziert. Wasser kann so auf jedem Bug auch bei Lage ablaufen. Es gibt Druckwasser sowie eine Fußpumpe. Der Kühlschrank öffnet zwar seitlich, hat aber Dimensionen, wie man sie von Land kennt. In einem Fach mit Lenzschlauch trocknet Geschirr von allein. Und die Arbeitsfläche ist so groß, dass beim Kochen nicht zuerst die Waschbecken abgedeckt werden müssen, um ausreichend Platz zu haben.

 

Oceanis 37: Die Kabinen

Auch die Achterkabinen können überzeugen. Die getestete Doppelkammer-Version bietet ordentliche Kojen mit 1,55 Meter Schulterbreite, Fenster zum Cockpit hin (Extra) und genügend Stauraum. Zusätzliche Ablagen wären hier jedoch willkommen. Schön ist ebenfalls das Heckfenster (Extra) in der Backbordkabine, mit dem sich eine gute Durchlüftung erzielen lässt.

Die Vorschiffskammer setzt im Komfort noch eins drauf: 2,08 Meter Kojenlänge bei einer Breite von 1,65 Metern ist stattlich. Dazu gibt es genug Schrankraum, sogar einen Schmink- oder Schreibtisch mit Hocker (Extra) sowie Ablagen und Schubladen unter der Matratze. Natürlich finden sich auch auf dem Testschiff noch Lässlichkeiten, die partiell dem Prototypen zuzuschreiben sind. Diese Punkte sollte ein potenzieller Käufer aber tunlichst untersuchen und schauen, ob sie abgestellt sind oder ihn nicht stören. So sind die Spaltmaße einiger Oberschränke noch unterschiedlich groß. Einige Leisten stoßen nicht fluchtend aneinander. Und die Bodenbretter liegen ebenfalls nicht alle exakt im selben Winkel zueinander. Ein weiterer Bereich birgt Optimierungspotenzial: Nur ein kleines Klappfenster und ein Mittelluk sorgen neben dem Niedergang für die Belüftung des Salons. Das dürfte in einem echten Sommer zu wenig sein.

 

Oceanis 37: Die Verarbeitung

Das sichtbare Finish dagegen ist gut. Auch knarzt das Schiff kaum im Seegang unter Deck, und selbst die Bodenbretter machen sich akustisch beim Begehen fast nicht bemerkbar. Sie sind lose aufgelegt und lassen sich relativ leicht entfernen. Darunter präsentiert sich eine Bilge, die derart glatt und sauber ist, dass sich die mit Bohrungen verbundenen Fächer gut zum Stauen nutzen lassen. Die gesamte Bodengruppe ist als eine Innenschale laminiert und wird flächig eingeklebt. Ausschnitte sind nur dort zu finden, wo man zwangsläufig den eigentlichen Rumpf erreichen muss, beispielsweise an den Kielbolzen oder den Seeventilen. Die Bodengruppe hilft dabei, die Kräfte von Wanten, Mast, Kiel, Ruder und Motor aufzunehmen.

Der Rumpf selbst ist ein konventionelles Volllaminat, aufwändiger die Bauweise des Decks. Es entsteht im Injektionsverfahren, also zwischen einer Innen- und einer Außenform, in die trockenes Material (Glasfaser und Balsaholz) geschichtet und per Vakuum das Harz hineingezogen wird. Das nicht mehr neue Verfahren gewährleistet ein kontrolliertes Faser-Glas-Verhältnis und produziert ein homogenes Laminat mit zwei glatten Seiten. Eine Verblendung des Decks von unten mit einer laminierten dünneren Innenschale oder mit Paneelen kann entfallen. Dazu werden in die Form Leerrohre für die Elektrik verlegt. Auf der Oceanis 37 wirkt das Deck jedoch recht unruhig, und es ist holzfrei - was beides in einem gewissen Missverhältnis zu dem gelungenen Ausbau steht. Aber das ist vielleicht auch wieder eher eine Geschmacksfrage.

 

Oceanis 37: Preis- Leistungsverhältnis

Objektiv beurteilen lassen sich die nackten Preise. Galt Beneteau unter den Großserienwerften mit der vorherigen Oceanis-Generation in dieser Kategorie eher als etwas teurer, kommt die neue Oceanis 37 nun vergleichsweise günstig daher. Was mit der günstigen Cyclades-Line begonnen wurde (Beneteau Cyclades 39, Beneteau Cyclades 43-3, Beneteau Cyclades 43-4, Beneteau Cyclades 50), setzte sich bei der Oceanis 37 fort: 112 931 Euro kostet die Basisversion mit Mehrwertsteuer. Das ist recht deutlich im unteren Bereich des Marktsegments positioniert, Eine Hanse 370 aus Greifswald kostet rund 13 000 Euro mehr, die etwas größere und reichhaltiger ausgestattete Dufour 425 Grand 'Large aus Frankreich gar 26000 Euro. Nur die nochmals längere Bavaria 38 Cruiser bzw. die Bavaria 40 cruiser, die neu komen wird, liegt günstiger.

Betrachtet man die Preise mit voller Ausstattung, die dann teure Dinge wie Autopilot und Heizung beinhalten, verschieben sich die Relationen. Dann kostet die Hanse nur noch rund 8600 Euro mehr, die Dufour dagegen 28 000 Euro. Die Bavaria ist mit voller Ausstattung etwa 9200 Euro günstiger. Fazit: Noch nie war eine Beneteau dieser Größe so günstig. Fakten, die die Oceanis 37 zu einer echten Konkurrenz für die übrigen Großserienhersteller werden lassen. Auch weil der Kostenrutsch einhergeht mit einem neuen Produkt, das sich sehen lassen kann.

 

Oceanis 37: Das Fazit

Das Schiff bietet seglerisch mehr als die Produkte aus der vorhergehenden Generation. Es ist optisch auf voller Augenhöhe, und auch der Ausbau und die Details können gefallen. Abstriche sind in den Wahlmöglichkeiten zu machen. Dufour und besonders Hanse bieten mehr Varianz im Innenlayout, Bavaria und Dufour weiterhin die Option auf zwei Nasszellen. Wer jedoch mit den angebotenen Oceanis-Versionen gut leben kann und ein günstiges, modernes Fahrtenschiff sucht, sollte dieses Boot in die engereWahl ziehen.

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