Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. (Autor: Fridtjof Gunkel, Heft 19/2017)

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Yachttest der Hanse 548

Hanse 548:

Es sind spannende Monate, nahezu zeitgleich machen sich nach langen Jahren mit scheinbarem Entwicklungsstillstand die großen Serienwerften an die Erneuerung ihres Programms. Bavaria begann zur boot mit dem Flaggschiff Nummer 1 der C 57 und schob vor wenigen Wochen noch flugs die C 650 hinterher. Jeanneau eröffnete den aktuellen Zyklus mit der Sun Odyssey 440, Beneteau mit der Oceanis 51.1. Und Hanseyachts bringt die komplett neue Hanse 548.

Die soll einerseits Errungenschaften der erfolgreichen, noch größeren Yachten wie dem Flaggschiff Hanse 675 und der 588 auf das kleinere Format herunterbrechen – und andererseits auch stilbildend für die bereits angekündigten und am Band im Bau befindlichen Volumenschiffe 388 und 418 sowie später die 348 wirken. Auch sollen die Yachten homogener werden. Pascal Kuhn, Produktmanager Segelyachten: „Design Features, hochwertige Materialien und die Qualität sollen bei allen Schiffen weitestgehend gleich sein.“

Auch optisch ist die Verwandtschaft zu erkennen. Die Hanse 548 wirkt durch Winkel und Kanten recht maskulin, besonders die Fase zwischen Rumpf und Deck ist prägend und dürfte bautechnische Vorteile mitbringen, die großen Fenster im Rumpf verleihen ihr ebenso Gesicht wie die flacheren im Aufbau. Matthias Bröker, bei Hanse-Hauskonstrukteur Judel/Vrolijk zuständig für Serienyachten: „Das Boot hat außerdem einen leichten negativen Deckssprung, ist also an den Enden etwas flacher. Das wirkt auch eleganter.“

Weiterhin hat sich die Werftcrew das Ziel gesetzt, die Interieurs wertiger zu gestalten und den Booten mehr Performance mitzugeben. So ist denn das Verhältnis von Segelfläche zum Gewicht (Segeltragezahl) von 4,4 bereits mit der serienmäßigen Selbstwendefock für eine Fahrtenyacht recht hoch. Das naturgemäß kleine Vorsegel funktioniert an der Kreuz über 10 Knoten Wind zwar hervorragend, schwächelt jedoch, sobald es etwas gefiert wird und der schmale Toppbereich sogleich öffnet. Bot man früher als Option eine überlappende konventionelle Genua an, um dieses Manko zu beheben, gibt es nun eine verbesserte Variante, die ohne Segelwechsel auskommt und somit dem modernen Komfortanspruch gerechter wird.

Hanse 548: Unter Segel

Wie die beiden größeren Yachten auch lässt sich die Hanse 548 optional mit einem großen hochgeschnittenen Vorsegel ausstatten, das auf einer eigenen, auf Wunsch elektrischen Wickelanlage vor der Selbstwendefock gefahren wird. Das auch Reacher genannte genuaähnliche Segel wird mit Schienen auf den Schandecks und außerhalb des Riggs geschotet. Somit ist es nicht für eine optimale Kreuz gedacht, funktioniert aber mit wahren Windeinfallswinkeln ab zirka 55 bis 60 Grad und schließt die Lücke bis zum Gennaker oder kann auf vielen Kursen auch als Ersatz für das bunte Tuch dienen.

Ein System, das ganz hervorragend funktioniert, wie sich beim Test im Strelasund und auf dem Greifswalder Bodden bei wechselnden und böigen Winden zwischen 5 und 6 Beaufort zeigte. Der 145 prozentige Reacher ist elektrisch komfortabel ein- und ausgerollt und wird über ein zweites Winschenpaar geschotet. Die nur elektrisch lieferbaren Trommeln stehen auf Podesten im Cockpit, parallel zu den achtern auf den Sülls montierten primären Winden. Der Rudergänger hat neben den Schoten dort auch Fallen und Strecker im Griff oder unter seiner Gewalt.

Selbst wenn der Reacher in Böen mal zu viel Druck und Krängung bewirken sollte, gehorcht das Boot den Wünschen des Steuermanns, dem großen Ruderblatt sei Dank. Matthias Bröker: „Das Blatt ist von der Fläche her größer als eigentlich nötig. Das bringt eben mehr Kontrolle und verbessert auch die Manövrierbarkeit im Hafen.“

Aber das Boot segelt nicht nur kontrolliert, sondern auch schnell. Um die 7,7 Knoten am Wind bei kleinen Wendewinkeln sind ebenso erfreulich wie stete 8 bis 9 Knoten auf spitzen raumen Kursen. Im Standard kommt das Boot mit konventionellem Rigg daher, einen Rollreffmast (wie auf dem Testboot) erhält der Kunde für einen vergleichsweise niedrigen Aufpreis von 4.070 Euro. Teuer wird eine Alternative, die den Segelkomfort ebenfalls verbessert, aber von kundiger Hand bedient sein will: Der Rollbaum kommt für 88.060 Euro an Bord.

Hanse 548: Viele Optionen

Vor einem Extra kann sich der Kunde jedenfalls nicht drücken, sofern er gute Performance zu schätzen weiß und das Gute aus seinem Boot holen will: Im Standard sind nur Dacronsegel dabei, die in dieser Bootsgröße nicht mehr guten Herzens empfohlen werden können. Höherwertige Laminat-Tücher von Elvström kommen im Performance-Paket (inklusive besserer Rutscher, Tiefkiel, GFK-Räder, Dyneemafallen) für 16.050 Euro. Für 16.180 Euro erhält man aber auch die noch bessere Membran-Ware mit Aramidfasern und UV-Schutz. Die erwiesen sich im Test als sehr profilstabil. Das Großsegel konnte mit durchgehenden senkrechten Latten sogar eine schöne Überrundung erhalten.

Die beim Test gegen Ende nicht mehr relevant ist: Ein Reff muss her, beziehungsweise das Groß muss etwas reduziert werden, was mit der optionalen elektrischen Anlage per Knopfdruck vom Steuerstand aus recht einfach vonstatten geht. Das Boot weiß selbst die kurze, giftige, typische Boddenwelle mit Bravour zu nehmen. Jedenfalls hat es nicht geschadet, die Kraftstofftanks in der Schiffsmitte zu positionieren. Bröker: „Wir haben sehr auf eine gute Gewichtsverteilung für alle Beladungen geachtet.“

Hanse 548: Das Deck

Die Jefa-Steuerung ist beim Weg durch die Wellen mit eindreiviertel Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag noch direkt genug konfiguriert. Der Rudergänger findet hinter den Rädern viel Platz und GFK-Sitze vor, sofern er denn unmittelbar hinter den Rädern hocken mag. Ergonomisch sinnvoller und mit besserem Blick nach vorn sitzt es sich seitlich. Dort jedoch ist die Reling zu weit entfernt, um als Rückenlehne zu dienen, das wird auf Dauer ermüdend.

Nur im Stehen einsehbar sind die beiden Plotter und weitere Instrumente, die auf den großen Pods an den Steuersäulen untergebracht sind. Hier gäbe es bessere Lösungen, zumal sich die Hanse 548 gut und gerne steuern lässt – da wäre es schade, nur wegen schlechter Ablesbarkeit der Instrumente den Autopiloten bemühen zu müssen oder immer im Stehen zu lenken. Mit der hansetypischen Verlagerung sämtlicher Leinen nach achtern zum Steuermann wird der größere vordere Teil des Cockpits frei von Bedienelementen; die überschüssigen Leinen lassen sich in kleinen nach vorn offenen Kisten im Cockpitrand stauen.

Vorn freut sich die Crew über 2,36 Meter Duchten und einen freien Durchgang, weil es zwei Tische gibt. Die sich – optional natürlich elektrisch – absenken lassen und so zwei Liegewiesen ermöglichen. Ein weiteres (optionales) Feature ist das T-Top; das feste Bimini wird gern für die beiden größeren Schwestern bestellt. Die GFK-Konstruktion ist festes Bimini mit Stoff-Schiebedach, nimmt die Großschot auf und schafft sie so aus der Plicht. Eine Beleuchtung lässt sich ebenso montieren wie Außenboxen oder eine Persenning, die das Cockpit zum textilen Deckssalon konvertiert. Hat natürlich seinen Preis, 27.250 Euro sind amtlich, aber auch freiwillig.

Das gilt auch für den Bugstrahler, aber der ist bei dieser Bootsgröße zwingend. Zwar dreht das Boot auch durch das größere Blatt recht willig, aber das verhindert keinen kräftigen Seitenwind oder enge Häfen. Das einziehbare Aggregat (14.750 Euro) kommt mit eigener Batterie und lässt sich sinnvollerweise durch eine weitere Manövrierhilfe im Heck ergänzen. Die beiden Thruster steuert der Rudergänger einzeln mit zwei Joysticks, sie sind also nicht miteinander gekoppelt wie die verschiedenen integralen Assistenzsysteme, die sich bislang nicht durchsetzen konnten.

Hanse 548: Das Heck

Sind Liegeplatz oder Ankerbucht erreicht, geht es weiter mit den von Megayachten entliehenen Annehmlichkeiten. Steuersitze hochklappen und Knopf drücken; elektrohydraulisch führt die 2,60 Meter lange Heckklappe herunter und gibt die Garage frei, in der sich ein 1,80 mal 1,25 Meter großes Paket stauen lässt. Das ist zu klein für ein aufgepumptes Dingi, hat aber genug Platz für eines mit wenig Luft, das sich mit einer fest installierten Pumpe schnell in den Fahrtmodus bringen lässt.

Weil die Garage quer und achterlich des Ruderkokers liegt, können die Achterkabinen groß ausfallen, und es sind keine doppelten Blätter notwendig. Die Garage ist auch mit geschlossener Klappe von oben zugänglich und kann als Backskiste für weiteres Spaßgerät oder Fender dienen. Auf Wunsch sind aber auch ausziehbare Davits möglich. In dem großen Heckstauraum lassen sich der Quadrant und die Seilzüge der hervorragend arbeitenden Jefa-Anlage einfach inspizieren und warten. Aus der Garagentür klappt bei Bedarf eine große, weil bis 1,30 Meter unter Wasser langende Badeleiter seitlich heraus. Mit tiefen sich ausfaltenden holzbelegten Stufen und Griffstangen oben ist sie äußerst komfortabel.

Wenn die Crew dann mit Segeln, Sport und Baden durch ist, kann die optionale sogenannte Wet Bar zum Einsatz kommen. Das Pantrymodul ist im Heck platziert und mit einem Gasgrill sowie einem Waschbecken ausgestattet.

Hanse 548: Vier Kabinen im Standard

Über eine flache und auch wegen der angewinkelten Stufen auf See gut begehbaren Treppe gelangt die Crew in den Salon. Und wird dort von einem modernen, recht geradlinigen Interieur warm empfangen. Die satte 65 mal 26 Zentimeter großen Rumpffenster lassen zusammen mit den vielen Aufbaufenstern und ganzen vier (!) Oberlichtern reichlich Licht in die Bude. Die Querbelüftung kommt insgesamt jedoch etwas kurz; im Salon ist nur das Pantry Fenster zu öffnen, und in den Achterkabinen gibt es derzeit im Standard nur Cockpitfenster, die zu klappen sind.

Das Testboot war mit Möbeln und Flächen in Eichenfurnier und einem dunklen Fußboden ausgestattet. Standard ist dunkles Mahagoni, das ebenso wie Walnuss oder Kirsche in matter oder glänzender Lackierung zu haben ist. Zu den Wahlmöglichkeiten kommen für die Bodenbretter die klassischen Streifen, Akazie als Standard, das dunkle Noce Nero oder neu eine Eichenvariante. Obendrein sind nun die Schrankfronten in hellem oder dunklem Grau zu haben. Wie immer schon bei Hanse: Es gibt diverse Wahl und Individualisierungsmöglichkeiten.

Natürlich auch wieder für die Kabinen. Standard ist die Segellast im Bug, dahinter die Masterkabine mit eigenem Bad inklusive abgeteilter Dusche, ein Salon mit L-Sofa und Bank sowie einzelnem Sofa gegenüber, dazu eine Pantry mit Tresen an Steuerbord, gegenüber eine Stockbettkabine. Im Heck eine kleinere Kajüte mit eigenem Bad und eine größere mit Sitzecke – jedoch ohne Nasszelle. Die wird optional anstelle der Stockbettkabine mit Dusche oder Waschmaschinenraum angeboten.

Das Vorschiff ist auch mit zwei Kabinen und zwei Nasszellen zu haben, und es gibt die Option auf ein herausnehmbares Trennschott zwischen den Räumen. So ließe sich das Boot von einer Charter in eine Eignerversion konvertieren. Weitere Besonderheit: Das Hauptschott ist mit einer dicken Isolationsschicht versehen – die nachweislich wirkt: Unter Motor in Marschfahrt lassen sich in der Achterkabine 75 db(A) und im Salon 71 db(A) Schalldruckpegel ermitteln. Im Vorschiff sind es nur noch 57.

Der Raum ist als Masterkabine auch in anderen Disziplinen komfortabel: Vier veritable Rumpffenster und drei große sowie eine kleine Decksluke, direktes und indirektes Licht aus unterschiedlichen Quellen, dimm und programmierbar (wie in den anderen Räumen), die 1,60 Meter breite Koje und viel Fußraum sowie der fast schon haushaltsübliche Schrank schaffen Komfort auf Kreuzfahrtniveau. Auf Wunsch schwenkt gar ein Fernseher aus der Decke. Dazu ein Bad mit abgetrenntem Duschbereich, der mit einem Fußraum von 55 mal 80 Zentimeter groß genug ausfällt.

Generell stimmen auch die Stehhöhen, die bis über 2,00 Meter betragen. Etwas eng wird es lediglich in der Kabine an Steuerbord achtern, dort ist die Koje mit 1,40 Metern recht schmal, und auch die übrigen Platzverhältnisse sind deutlich knapper als in der zweiten Achterkabine. Was an der asymmetrischen Aufteilung liegt und an der Tatsache, dass im Cockpit an Steuerbord eine kleine Backskiste installiert ist, auf die man an Backbord verzichtet hat, um den Raum darunter großzügiger werden zu lassen. Segelboote sind eben Kompromisse.

Was sich auch auf die Elektrik beziehen lässt. Zwar ist das Boot mit einem modernen Bus-System ausgestattet, das digital die Verbraucher steuert und überwacht und mit einem herrlich kleinen Display in der Navi auskommt. Andererseits sind lediglich Schmelzsicherungen verbaut, die nach einer Auslösung manuell ersetzt werden müssen. Hier wären Automaten wünschenswert. Ein sicher nicht kaufentscheidender Punkt.

Hanse 548: Fazit

Die neue Hanse 548 kann und bietet viel, sie überzeugt seglerisch, ebenso in der Bedienung. Sie offeriert den Komfort, den der Kunde für die Größe erwarten darf, und eine riesige Varianz für viele Geschmäcker. Preislich gibt es in der Klasse dagegen keine großen Unterschiede. Die Entscheidung kann aus dem Bauch kommen. Nein, sollte.

 

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