Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. (Autor: Michael Good Heft 15/2019)
Yachttest der Hanse 458
Hanse 458: Tourenyacht um 45 Fuß
Kaum eine andere Klasse ist derzeit auf dem Markt derart intensiv umkämpft wie die Tourenyachten um 45 Fuß Rumpflänge. Das hat gute Gründe: Einerseits bieten die großen Schiffe viel Platz beim Segeln sowie beim Aufenthalt in Hafen und Bucht, auch mit einer größeren Crew. Andererseits vermitteln sie das Gefühl von Sicherheit selbst bei viel Wind, und sie sind dennoch gut beherrschbar, auch mit kleiner Mannschaft. Obendrein ist die Längenklasse speziell für den Chartermarkt interessant: Boote dieser Größe werden besonders oft nach gefragt, weil sie sich schon mit vier oder sogar fünf Doppelkabinen ausbauen lassen. Damit können mehr Personen gemeinsam auf die Reise gehen und somit Kosten sparen. Der Trend im Chartergeschäft zielt da rauf ab. Dieses nicht unerhebliche Potenzial für Eigner sowie für Vermieter nutzen die internationalen Großserien Hersteller, welche hohe Stückzahlen liefern und damit gleich zeitig die Preise vergleichbar niedrig halten können. Zu nennen sind Marken wie Bavaria, Beneteau, Dufour, Hanse oder Jeanneau welche die lukrative Klasse immer wieder mit neuen, oft spannenden oder gar innovativen Booten bedienen und sich so gegen seitig Marktanteile abjagen.
Hanse 458: Drei Richtige
Für die YACHT Testredaktion ist diese interessante Ausgangslage Grund genug, die führenden Werften mit ihren aktuellen 45Fußern für einen Gruppentest an die Ostsee einzuladen. Ort der Handlung ist wieder die Ancora Marina in Neustadt, wo im Anschluss an die Inwater-Messe Hamburg Ancora Yachtfestival einige der Yachten bereits zur Verfügung stehen.
Bavaria Yachtbau hat die neue C45 (Ein zeltest in YACHT 19/18) am Start. Mit der gehobeneren CLinie möchte sich die Werft vom bewährten Cruiser Programm abgrenzen und neben dem Chartermarkt auch wieder vermehrt Eigner erreichen.
Branchenführer Beneteau nimmt mit der Oceanis 46.1 (Test in YACHT 17/18) am Vergleich teil. Das Schiff ist im Januar 2019 als Europas Yacht des Jahres in der Kategorie Fahrtenyachten ausgezeichnet worden und bringt sich mit diesen Vorschusslorbeeren schon mal als Spitzenkandidatin für den Gruppentest in Stellung.
Hanseyachts ist mit der neuen 458 vertreten. Ihr Konzept basiert im Wesentlichen auf der schon etwas älteren Hanse 455 (Test in YACHT 23/14), wurde aber von der Werft in Greifswald umfassend überarbeitet und modernisiert. Der Rumpf ist noch derselbe, das Deck und viele Details sind neu.
Für den Gruppentest eingeladen waren zudem Jeanneau mit ihrer Sun Odyssey 440 (YACHT 16/17) sowie Dufour mit der Grand Large 460 (YACHT 23/15). Die beiden Französinnen haben es bedauerlicherweise nicht nach Neustadt geschafft.
Optisch gibt es recht markante Unterschiede der drei Testanten. Die Hanse 458 repräsentiert als älteste Konstruktion im Vergleich die eher gewohnte, harmonische Linienführung. Auch ist der Entwurf aus dem Hause Judel/Vrolijk & Co mit einer Breite von 4,38 Metern das Schiff mit dem höchsten Streckungsfaktor. Nach Meinung aller vier beteiligten YACHT Tester ist die Hanse 458 mit ihren vergleichsweise schlanken und stimmigen Linien das attraktivste Boot innerhalb der Gruppe. Allerdings ist die Beurteilung der Optik natürlich auch in diesem Fall letztlich subjektiv.
Dagegen ist die Konstruktion der Oceanis 46.1 von Beneteau von ganz anderem Schlag. Mit ihrer fülligen Frontpartie, den ausgeprägten und bis zum Bug durchgezogenen Kimmkanten, dem ausladenden Heck und dem massiven Targabügel sowie doppelten Ruderblättern vertritt die Konstruktion von Finot/Conq die neuesten Formen und Erkenntnisse im modernen und dynamischen Yachtbau, welche dieser Zeit insbesondere von den französischen Werften intensiver gepflegt werden als anderswo. Die Yacht vom Branchenführer sticht mit ihrer ziemlich radikalen und somit polarisierend anmutenden Optik aus der Vergleichsgruppe heraus und lässt die beiden Boote aus Deutschland dagegen eher konventionell aussehen.
Die C45 von Bavaria beschreibt den Mittelweg. Die Dimensionen ihrer Linien sind mit denjenigen der Oceanis 46.1 vergleichbar, das Streckungsverhältnis ist fast identisch. Besonderes Kennzeichen: Die Yacht aus Giebelstadt hat mit 4,40 Metern das breiteste und optisch auch wuchtigste Heck. Trotz der üppigen Breite achtern verzichtete Konstrukteur Cossutti auf doppelte Ruderblätter. Dafür wurde die Steuerflosse relativ weit unter den Rumpf gebaut, damit die Yacht auch bei viel Krängung noch gut steurerbar bleibt.
Hanse 458: Gutes Material, bessere Leistung
Die Testtage in der Neustädter Bucht bieten für die Vergleichsfahrten die volle Varianz verschiedener Windbedingungen, von Schwachwind von lediglich 6 Knoten bis zu 20 Knoten und mehr in den Böen. Um das Potenzial der Teilnehmerinnen richtig einordnen zu können, müssen die Boote mehrmals und mit wechselnden Testern kurze Kurse absegeln. Dabei ergibt sich ein klares
Bild: Hart am Wind sowie auf den Raumschots Kursen ist die Hanse 458 offensichtlich das schnellste Schiff, sowohl bei Starkwind und noch deutlicher bei schwachem Wind. Allerdings muss dabei erwähnt wer den, dass das Schiff aus Greifswald mit qualitativ sehr guten und formstabilen optionalen Membran Segeln von Elvström ausgestattet ist und damit einen Vorteil mitbringt. Auch ist die Hanse mit einem herkömmlichen Rigg ausgestattet; auf den Konkurrenzyachten steht dagegen ein Rollmast.
Die Bavaria C45 kann auf der Kreuz das Tempodiktat der Hanse zwar nicht ganz mit gehen, läuft dafür aber im Vergleich eine sehr gute Höhe. Speziell bei weniger Wind kann sie verlorenes Terrain zur Hanse so auch wiedergutmachen. Auch das Testschiff von Bavaria kommt zum Gruppentest in Neustadt mit einer qualitativ besseren Segelgarderobe, als die Grundausstattung ab Werft dies vorsieht. Profitieren kann die C45 insbesondere von einem vertikal durchgelatteten Großsegel, es stammt ebenfalls von Elvström.
Beneteau schickt die Oceanis 46.1 mit ganz einfach geschnittenen und wenig pro filstabilen Standard Dacronsegeln zum Vergleichstest. Damit hat die Französin bei allen Bedingungen mehr Mühe, der stark segeln den Konkurrenz zu folgen. Auch fehlt auf dem Testboot ein Achterstagspanner, um bei Wind den Durchhang vom Vorstag begrenzen zu können. Als einziges Schiff in der Gruppe ist die Beneteau zudem mit einer kurz überlappenden Genua bestückt, während sowohl die Hanse als auch die Bavaria eine Selbstwendefock tragen und gerade bei viel Wind damit ausgewogener segeln. Kurz: Die Oceanis 46.1 geht aufgrund material technischer Defizite unter Wert geschlagen aus dem Test hervor. Besser und vergleich barer ausgestattet würde auch sie zweifellos deutlich mehr Leistungsvermögen beweisen können.
Hanse 458: Gefühl und Kontrolle
Beim Steuern zeigen sich bei der direkten Gegenüberstellung Unterschiede zwischen den beiden Booten mit Einzelruder (Bavaria und Hanse) und der Oceanis mit zwei Ruderblättern. Die beiden Boote aus Deutschland lassen sich gleichermaßen leicht und sehr gefühlvoll steuern und so an ihr Potenzial heranführen; die Arbeit am Rad macht viel Spaß – allerdings nur bis zu einer gewissen Krängung. Im Test bei sehr inkonstanten Bedingungen mit knackigen Böen zeigen so wohl die Bavaria als auch die Hanse die Tendenz, hart am Wind aus dem Ruder zu laufen, zumindest wenn sie nicht aktiv genug mit der Großschot gezügelt wurden.
Davon unbeeindruckt dampft die Oceanis 46.1 auch mit viel Lage problemlos durch die Böen. Dank der zwei Ruderblätter ist Kontrollverlust bei der Französin kein Thema; dafür bleibt leider das Steuergefühl et was auf der Strecke. Auf dem Boot von Beneteau muss der Steuermann mehr Arbeit am Rad leisten, um auf Kurs zu bleiben und er bekommt dafür von den relativ kleinen Stummelrudern weniger Rückmeldung. Der kaum vorhandene Ruderdruck auf der Oceanis 46.1 mag für den ambitionierten Steuermann unangenehm sein; ein Pluspunkt da gegen wäre, dass der Autopilot zum Lenken weniger Kraft benötigt und damit weniger Bordstrom verbraucht.
Hanse 458: Die Vielfalt ist Trumpf
Die uns für den Test zur Verfügung gestellte Oceanis 46.1 ist mit einem Targabügel über dem Cockpit ausgestattet. Das wuchtige Formteil gibt es bei Beneteau als Alternative für eine effizientere Führung der Großschot sowie als Basis zum Anbauen einer größeren Sprayhood oder einer Kuchenbude. Diese optisch zwar etwas gewöhnungs bedürftige, aber dafür auch überaus funktionale Option können die Yachtbauer aus Frankreich innerhalb der Konkurrenz exklusiv anbieten. Ansonsten ist für die Großschot bei allen drei Booten ein simples Hahnepot System vorgesehen, angeschlagen etwa in Baummitte. Ein Traveller wird von den Herstellern nicht angeboten. Bavaria teilt dabei die Großschot in zwei einfache Taljen, was den Traveller ersetzt und in einer Halse gute Kontrolle über den Großbaum schafft. Ein System, das sich auf den anderen beiden Booten leicht umrüsten lässt (s. auch Großschotsysteme, Seite 76).
Auch wird bei allen drei Testschiffen im Standard die Selbstwendefock angebaut. Überlappende Genuas mit seitlich montierten Schotschienen gibt es auf Wunsch als Ex tra. Die Riggs kommen bei Hanse und bei Bavaria von Seldén; Beneteau vertraut der weil auf ein Profil von ZSpars. Rollmasten sind für alle drei Boote als Extra gegen Auf preis erhältlich. Ebenfalls nur als Option rüsten Bavaria und Beneteau ihre Schiffe mit einer fest angebauten GFK Bugnase aus, so wie es bei den Yachten im Test durchweg der Fall war. Daran können zusätzlich Segel wie Gennaker oder Code Zero angeschlagen werden, und die Rüssel dienen überdies als Ankerhalterung.
Bei der Hanse ist das anders. Bei ihr wird bereits im Standard ab Werft eine Edel stahl Ankerhalterung angebaut, an der auch die zusätzlichen Raumwindsegel angeschlagen werden können. Ein eigentlicher Bugspriet, wie für Bavaria und Beneteau erhältlich, ist für die Hanse 458 dagegen auch als Option nicht vorgesehen.
Bei den beiden Booten aus Deutschland werden die Ober und Unterwanten ganz außen, direkt am Schiffsrumpf in die Struktur eingeleitet. Die Franzosen von Beneteau dagegen trennen das stehende Gut. Die Oberwanten sind auf der Oceanis 46.1 außen am Rumpf, die Unterwanten innen am Kajütaufbau angeschlagen. Dies verlangt zwar nach stärkeren Strukturen und Rumpf versteifungen, bietet dafür aber die Möglichkeit, eine bis zu 116 Prozent überlappende Genua zwischen den Wanten hindurch zu schoten sowie unverbaute Durchgänge über das Laufdeck nach vorn – ein Vorteil.
Hanse 458: Alles nach Achtern
Bezüglich ihres Layouts im Cockpit zeigen sich alle drei Probanden recht homogen. Heißt konkret : Die Schoten, Fallen und sämtliche Trimmleinen werden innerhalb von Kajütaufbau und Cockpitsüll bis ganz nach hinten umgelenkt, direkt vor die Steuersäulen und damit in die unmittelbare Erreichbarkeit des Rudergängers. Damit weisen sich die drei Testboote als einhandtauglich aus. Das Handling für Alleinsegler funktioniert bei ihnen gleichermaßen gut. Auf Wunsch und als Option für den Betrieb mit Genua, Gennaker oder Code Zero gibt es für alle Wettbewerberinnen ein Paar zusätzliche Winschen, die wahlweise auch elektrisch betrieben werden können.
Hanseyachts montiert die zusätzlichen Dichtholer weiter vorn auf den Süllrand, wo sie auch von der Mannschaft ergonomisch gut zu erreichen sind. Bavaria und Beneteau dagegen platzieren die zusätzlichen Schotwinschen weit achtern vor den Steuersäulen. Dort sind sie zwar für Rudergänger gut zugänglich, von der Crew allerdings nur mit Krampf – ein Kompromiss.
Alle drei Hersteller spendieren ihren Schiffen Steueranlagen von Jefa. Bei Bavaria und Hanse werden die Quadranten der Einzelruder mit einem einzigen, durchgehen den Seilzug über beide Steuerräder bedient. Der Nachteil: Fällt das System wegen eines Defekts aus, ist das Boot nur noch über Not pinne oder Autopilot steuerbar. Bei der Oceanis 46.1 mit den doppelten Ruderblättern dagegen laufen zwei Steuerzüge wie üblich getrennt, und die Quadranten sind unter Deck mit einer Schubstange verbunden. Bei einem Schaden würde die Yacht also immer noch über ein Rad manövrierbar bleiben.
Hanse 458: GUTE IDEEN HOCH DREI
Die größte Badeplattform im Vergleich ist die der C45 von Bavaria mit einer nutzbaren Grundfläche von rund 2,3 Quadratmetern. Die Heckklappen der Hanse 458 (2,0 Qua dratmeter) und der Oceanis 46.1 (2,1 Quadratmeter) fallen aber nicht wesentlich kleiner aus. Bavaria nutzt die Fläche im Heck als einen nassen Stauraum, wo man auch ein kleines 2,30Meter Schlauchboot quer lagern kann. Diese Dingi Garage haben die Giebelstädter Yachtbauer innerhalb der 45 Fuß Klasse exklusiv.
Bei der Hanse ist hinter der Badeplattform ein separater Stauraum für die Rettungsinsel ausgewiesen – im Prinzip ein guter und vernünftiger Ort dafür. Aber: Um im Notfall an das rettende Floß zu kommen, muss die Badeklappe zunächst geöffnet und die Rettungsinsel von dort aus ins Wasser gelassen werden; bei Sturm und Wellengang ist das kein einfaches Unterfangen.
Für die Lagerung der Insel hat Beneteau die beste Lösung gefunden: Bei der Oceanis wird die Rettungsinsel innerhalb des wuchtigen Cockpittischs untergebracht und kann von dort aus ohne viel Mühe ins Wasser bugsiert werden. Auf der C45 von Bavaria ist dafür ein separater Stauraum im Cockpitboden vorgesehen. Dank des mittig teilbaren Salontischs ist die einfache Erreichbarkeit ebenfalls gewährleistet.
Hanse 458: Es bleibt Spannend
Bei den vergleichenden Tests auf dem Wasser zeigen sich doch recht deutliche Leistungsunterschiede, die aber durchaus auch in Abhängigkeit von der Ausstattung der Testschiffe zu sehen sind. Die sehr gut ausgerüstete Hanse 458 segelt stark und ausgewogen. Sie gewinnt die Gruppentests unter Segel klar und holt sich hier schon mal einen
Vorsprung. Bezüglich des Layouts, des Handlings und des generellen Konzepts zeigen aber alle drei Testschiffe sowohl Vor als auch Nachteile. Eine deutliche Siegerin zeichnet sich demnach nach Teil 1 des Vergleichstest noch nicht ab. Teil 2 im nächsten Heft wird Klarheit schaffen.
Hanse 458: Dominiert
Sie dominierte bei den Segeltests auf den meisten Kursen zum Wind sowie unterchiedlichen Bedingungen, und sie ist obendrein – zumindest in den Augen derYACHT-Tester – auch das optisch attraktivste Schiff der Gruppe. Im ersten Teil des großen 45-Fuß-Vergleichstest in der vorherigen YACHT erarbeitete sich die leistungsstarke Hanse 458 aus Greifswald schon mal einen kleinen Vorteil für die Gesamtbeurteilung.
Die C45 von Bavaria Yachtbau und die Oceanis 46.1 von Marktführer Beneteau punkten dafür mit zahlreichen adäquat umgesetzten Detaillösungen, und sie bieten ihrerseits relevante Vorteile beim Handling unter Segeln sowie in puncto Komfort an Deck. Alles zu den Konstruktionen, zur vergleichenden Segelperformance sowie zu den Decklayouts gibt es zum Nachlesen in Heft 14/2019.
Für den zweiten Teil der Gegenüberstellung begibt sich die YACHT-Testredaktion unter Deck. Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen dabei in erster Linie die Wohnlichkeit, die möglichen Varianten und Optionen, die Ausbauqualität, Details zur Bordtechnik sowie die vergleichende Einordnung der Preisgestaltung.
Hanse 458: Für Eigner und für die Charter
Im Standard-Ausbau ab Werft zeigen sich alle drei Boote recht homogen. Das heißt: große Eignerkabine vorn mit einem aufgeteilten Nassbereich (Toilette und Dusche getrennt zu jeder Seite), dazu zwei Doppelkabinen achtern sowie eine zweite, größere Nasszelle mit Duschabteil, welche vom Salon aus zugänglich ist. Die ausladende Sitzgruppe in U-Form sowie die Couch auf der gegenüberliegenden Seite gehören ebenfalls zum Basislayout wie die Pantry in L-Form oder der Kartentisch als Navigation. Die beiden deutschen Werften Bavaria und Hanse schicken ihre Testboote in dieser Grundausstattung zum Vergleich nach Neustadt. Anders die Oceanis 46.1 von Beneteau, sie kommt in einer optionalen Variante mit der seitlich eingebauten Pantryzeile zum Gruppentest. So ausgebaut wird auf die zweite Couch im Salon verzichtet, dafür ist achtern ein weiterer Toilettenraum vorgesehen.
Alle drei Hersteller liefern einen bedeutenden Teil ihrer Produktion in dieser Längenklasse an internationale Charteranbieter. Für diese Bestimmung kann das Vorschiff bei allen Typen mit zwei getrennten Kabinen und jeweils eigener Nasszelle ausgebaut werden. Allerdings bleiben die Kojen vorn bei den drei Schiffen schmal und sind deshalb für eine Belegung mit zwei erwachsenen Personen nur bedingt geeignet.
Mit der langen Pantry als Option kann die Oceanis 46.1 überdies in einer Ausbauversion mit vier Doppelkabinen und vier Nasszellen angeboten werden. Dieses spezell für den Chartermarkt interessante Layout haben die Franzosen innerhalb der Testgruppe exklusiv; nur Dufour Yachts stellt mit der gleich großen Grand Large 460 auch einen Vierkabiner mit vier Toiletten zur Verfügung. Dieses Schiff war ebenfalls zum Test eingeladen, hatte es letztlich jedoch nicht bis nach Neustadt geschafft.
Bavaria und Beneteau können ihren 45-Fußer mit einer zusätzlichen fünften Doppelkabine mit Stockkojen anbieten, also mit Schlafplätzen an Bord für insgesamt zehn Personen. Allerdings bleibt es in dem Fall bei lediglich zwei (C45) beziehungsweise drei (Oceanis 46.1) sehr kleinen Toilettenräumen ohne separate Duschecke – das ist selbst wenig verwöhnten Chartergästen nur bedingt zumutbar. Für die etwas kürzere, vor allem aber deutlich schlankere Hanse 458 ist dagegen kein Layout mit fünf Kammern vorgesehen. Mit lediglich zwei erhältlichen Varianten als Drei- oder Vierkabiner mit jeweils zwei Nasszellen bietet das Boot die wenigsten Ausbauoptionen, allerdings sind diese gängig und sinnvoll.
Hanse 458: Allerlei Auswahl
In der Ancora Marina in Neustadt liegen die drei Probandinnen Seite an Seite am Steg. Damit ergibt sich für die Tester die exklusive Möglichkeit, von einem Boot auf das andere zu springen und die Interieurs auch direkt vergleichen zu können. Auf den ersten Blick gefällt der Innenausbau der Bavaria C45 mit viel gefühltem Volumen und einer offenen, weiträumigen Gestaltung. Was bei dem Boot aus Giebelstadt aber Unbehagen hervorruft, ist die uneinheitliche Maserung der Mahagoni-Furniere, welche mal horizontal, mal vertikal verlaufen und eine unruhige Optik bewirken. Optional können die Käufer einer C45 für den Innenausbau auch Furniere aus heller Eiche oder dunklem Walnussholz ordern.
Auch bei der Oceanis 46.1 laufen die Maserungen der dunkel gehaltenen Alpi-Furniere aus Mahagoni nicht einheitlich. Die vielen hellen Flächen an den Rumpf-Innenseiten sowie am Hauptschott schaffen aber markante Kontraste, was modern und stilvoll wirkt. Hellere Farbtöne mit Eichenholz gibt es für die Möbel als Variante. Optisch wird das Interieur der Französin durch die riesige, seitlich eingebaute Küchenzeile dominiert. Und der zusätzlich eingebaute Toilettenraum achtern nimmt dem Interieur im Vergleich viel an gefühltem Volumen weg. Im Standardausbau mit einem zweiten Sofa auf der Backbordseite würde sich das Boot innen geräumiger präsentieren.
Die Hanse 458 kommt mit einem angenehm hellen und freundlichen Ausbau aus Eiche. Die Yachtbauer aus Greifswald verarbeiten auf Wunsch auch dunklere Furniere aus kanadischer Kastanie oder Mahagoni. Der Verlauf der Maserungen ist bei ihr einheitlicher abgestimmt, was optisch positiv ins Auge fällt. Und die große Auswahl an verschiedenen Materialien für Polsterungen, Abdeckungen und Fußböden schafft Individualität, welche die Wettbewerber in der Vielfalt nicht anbieten.
Wer mit einem Schiff dieser Größe unterwegs ist, wird viel Zeit unter Deck verbringen. Die Themen Aussicht und Transparenz sind daher von großer Bedeutung. Auf der Oceanis 46.1 hat man die beste Sicht nach draußen, und zwar sowohl im Sitzen durch die großen Rumpffenster als auch im Stehen durch die Fenster im Aufbau. Bei den Booten aus Deutschland muss man sich für einen guten Fernblick dagegen schon verreken. Die Rumpffenster sind unpassender positioniert oder wie im Fall der Hanse zudem kleiner als diejenigen der Beneteau.
Dafür punktet die Hanse mit einem ganzen Paket von insgesamt vier großen, dicht beieinander platzierten Decksluken auf dem Kajütaufbau, die dort anstelle eines Panoramafensters eingesetzt sind und eine Menge Licht nach innen lassen. Der Vorteil: Alle vier Luken sind komplett zu öffnen und sorgen an warmen Tagen für eine Art Cabrio-Feeling unter Deck; das ist äußerst angenehm. Und die Ventilation ist besser als bei den Konkurrenzschiffen, weil die Luken so eingebaut werden können, dass sie nach vorn oder nach hinten öffnen.
Hanse 458: Mehr oder weniger Platz
Das Inselbett im Vorschiff ist bei allen Testbooten in der Dreikabinen-Version der Standard. Allerdings gibt es Unterschiede. Am meisten Platz liefert die Doppelkoje auf der Oceanis 46.1 mit einer Länge von über zwei Metern und einer Breite auf Schulterhöhe von 1,60 Metern. Das Format bietet auch für zwei erwachsene Personen fürstlich viel Platz. Und auf dem Boot von Beneteau hat man in der Koje liegend freie Aussicht durch große Rumpffenster.
Auf der Hanse ist die Vorschiffkoje ähnlich groß (Breite 1,58 Meter). Allerdings sind die Fenster im Rumpf höher positioniert und lassen keine gute Sicht aufs Hafenkino zu. Auf der Bavaria beträgt die Breite gerade mal 1,30 Meter, was für ein Schiff dieser Größe unterhalb der Norm liegt. Dafür genießt man auch auf der C45 den Blick nach draußen.
Anders das Vergleichsbild in den Achterkabinen. Bei der Oceanis 46.1 ist der Platz für zwei Schläfer eingeschränkt. Die Breite bei den Schultern beträgt hier nur 1,38 Meter und damit weniger, als die YACHT-Standards für komfortables Übernachten in Doppelbelegung vorsehen. Auf der Bavaria sind die Kojen hinten geräumiger (1,48 Meter Breite). Und auf der Hanse haben sie sogar Queen-Size-Format (1,60 Meter), was erstaunlich ist, weil das Boot aus Greifswald achtern schmaler ist als die ausladenden Konstruktionen der Konkurrenz. Hanse verbaut Teile der Bordtechnik unter den Kojenbrettern und nicht wie auf den Booten von Bavaria und Beneteau in einen breiteren Kanal zwischen den Achterkabinen.
Die Küchenzeile auf der Oceanis 46.1 ist Teil einer Ausbauversion und nicht der Standard. Mit einer Grundfläche von insgesamt 2,35 Quadratmetern ist die Pantry auf dem Testboot wesentlich größer als bei den Konkurrenzbooten und ermöglicht in dieser Form entsprechend viel Stauraum und große Arbeitsflächen. Die Pantryzeile auf der Bavaria baut über eine Fläche von 1,58 Quadratmetern und bringt ebenfalls viele gut brauchbare Stauräume mit. Das offene Layout bietet jedoch auf See nur wenig Möglichkeiten zum Festhalten.
Die Küche auf der Hanse 458 ist wohl die kleinste im Vergleich (1,31 Quadratmeter Grundfläche), sie glänzt aber dafür durch hohe Funktionalität bezüglich der Stauräume und der nutzbaren Arbeitsflächen. Und in der fast rundum geschlossenen Pantry der Hanse kann man sich unterwegs richtig schön festkeilen und erfreut sich eines sicheren Standes.
Übrigens: Bavaria und Hanse offerieren für ihre 45-Fußer auch Optionen für eine sogenannte Wetbar, also eine Außen-Kochstelle mit Grill und Spülbecken, welche in den Hecks unter die Sitze für den Steuermann eingebaut werden können. Beneteau bietet diese Annehmlichkeit für die Oceanis 46.1 derweil nicht an.
Bei der Frage, ob ein richtiger Kartentisch im Zeitalter der GPS-Kartenplotter überhaupt noch notwendig ist, scheiden sich die Geister auch bei den Serienproduzenten. Auf dem Boot von Bavaria ist die Navigation funktional sowie in der Größe reduziert und eignet sich allenfalls für das Führen des Logbuchs, aber nicht für die Arbeit mit einer Seekarte. Die Arbeitsfläche auf der Hanse 458 ist nicht viel größer, dafür ist bei ihr die Navigation als separater Funktionsbereich mit einem eigenen, ausklappbaren Hocker ausgewiesen. Und man kann auch von der Sofakoje daran arbeiten.
Die funktionalste Navigation im Vergleich bietet die Oceanis 46.1 mit dem größten Kartentisch. In der Standard-Ausführung (ohne die lange Küchenzeile) wird der Arbeitsplatz auf der Beneteau vorn direkt an das Hauptschott gebaut. In dem Fall ist die Arbeitsfläche sogar noch größer und eignet sich ebenfalls für die Arbeit mit der Karte.
Hanse 458: Ordentlich bis Chaotisch
Mit einem vergleichenden Blick auf die Ausbauqualität holt sich die C45 von Bavaria die Punkte, sie ist im Detail am sorgfältigsten gefertigt. Die Spaltmaße stimmen, und die Tischlerarbeiten sind tadellos ausgeführt. Auch die Bordtechnik ist sauber, übersichtlich und gut zugänglich installiert. Lediglich bei der elektrischen Verkabelung könnte sich die Werft noch verbessern. Zudem sind
bei der Bavaria im Standard durchweg hochwertige Kunststoff-Seeventile von Marelon eingesetzt. Generell bieten sie die bessere Funktionalität und sind langlebiger als Ventile aus Messing.
Auch der Innenausbau der Hanse 458 ist generell ordentlich und stimmig verarbeitet. Und die Bordtechnik gibt ebenfalls kaum für Kritik Anlass. Speziell die elektrische Verkabelung ist mustergültig und dank konsequenter Beschriftung auch nachvollziehbar verlegt. Mit Ausnahme der Schwarzwasserauslässe verwendet Hanse Bordventile aus Messing, die sehr gut erreichbar sind.
Die Oceanis 46.1 von Beneteau kann den hohen Qualitätsstandards ihrer Konkurrentinnen leider nicht ganz gerecht werden. Haptisch erscheint ihr Ausbau partiell eher unschön, Spaltmaße stimmen nicht überall überein, und die Bodenbretter knarzen unter Belastung, was auf Dauer etwas enervierend wirkt. Die elektrischen Kabel sowie die Installationen für die Wasserversorgung an Bord sind teilweise sogar chaotisch verlegt, und die Seeventile bestehen ausschließlich aus Messing.
Die Übersicht auf der vorherigen Doppelseite schlüsselt die Preisgestaltung für die drei Vergleichsboote im Detail auf. Die beiden deutschen Boote liegen beim Grundpreis etwa gleichauf, die Oceanis 46.1 von Beneteau ist ab Werft teurer. Interessant ist, dass alle Hersteller bis auf einige wenige Differenzen eine ähnliche Grundausstattung anbieten und sich auch bei den aufpreispflichtigen Extras bis zur Summe segelfertig sowie bis zum Komfortpreis (nach YACHT-Definition) in etwa entsprechen. Dabei handelt es sich meist um Einzelposten. Alle drei Werften schnüren aber darüber hinaus ganz unterschiedliche, funktional zusammengestellte Optionen-Pakete, bei denen die
Käufer von entsprechenden Nachlässen erheblich profitieren. Je nach Wünschen und Bedürfnissen können die Preise dann stark variieren.
Hanse 458: Der Sieg geht nach Greifswald
Alle Schiffe im Gruppentest bieten viele Vor- und Nachteile und sind gleichermaßen durchdacht und attraktiv. Dennoch kommt die YACHT-Testredaktion letztlich doch zu einem ziemlich deutlichen und einstimmigen Urteil: Für die Jury geht die Hanse 458 als klare Siegerin aus dem Gruppentest in Neustadt hervor. Unter Berücksichtigung sämtlicher Testkriterien legt sie in der Summe das beste Zeugnis ab.
Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten