Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. (Autor: Michael Good, Heft 23/2015)

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Yachttest der Dufour 460 GL

Dufour 460 GL: Linienpflege

Fast könnte man meinen, Dufour Yachts verhalte sich bei der Entwicklung von neuen Modellen antizyklisch. Während sich die direkte Konkurrenz, etwa von Jenneau oder Beneteau, nun schon längere Zeit darauf beschränkt, lediglich Updates von bestehenden Typen als Neuheiten vorzustellen, legen die Yachtbauer aus La Rochelle vor und bringen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nach und nach neue Schiffe für ihre Tourenlinie Grand’Large. Erst im Frühjahr dieses Jahres hatten die Franzosen von der Atlantikküste mit der 382 GL (Test in YACHT 1/15) und der 350 GL (YACHT 4/15) zwei Neukonstruktionen für das mittlere Längensegment präsentiert. Jetzt folgt mit der 460 Grand’Large ein weiteres Schiff für die gehobenen Ansprüche.

Damit findet die umfassende Linienpflege der Franzosen nun allerdings - zumindest für den Augenblick – ein Ende. Die Reihe ist komplett neu aufgelegt und zeitgemäß. Damit hat die Werft jetzt den Vorteil, ein sowohl optisch als auch konzeptionell bemerkenswert einheitliches und stimmig abgestuftes Programm präsentieren zu können. Das hilft den Händlern von Dufour, auf gezielte Nachfrage flexibler reagieren zu können und Kunden nachhaltig an die Marke zu binden. Die aktuelle Reihe umfasst jetzt sieben Modelle zwischen 31 (9,30 Meter) und 56 Fuß (16,30) Rumpflänge.

Für die Homogenität innerhalb des Programms mit verantwortlich zeichnet der Konstrukteur Umberto Felci, der seit Jahren für Dufour tätig ist und aus dessen Feder sowohl das komplette Tourenprogramm Grand’Large als auch sämtliche Schiffe der sportlich orientierten Performance-Linie stammen.

Für die neue 460 GL hatte der Italiener die Pläne des Vorgängermodells 445 (Test in YACHT 12/11) zu überarbeiten und den neuen Linien-Standards anzupassen. Das heißt: noch mehr Volumen im Rumpf dank Chines (Kimmkanten), welche sich auch beim neuen Boot bis weit nach vorn ziehen, und deutlich mehr Fülle im Vorschiffsbereich. Diese Maßnahmen sollen die Formstabilität des Rumpfes erhöhen und für bessere und steifere Segeleigenschaften sorgen.

Dufour 460 GL: Mehr Volumen, Nur ein Ruder

Im Vergleich zum Vorgängermodell ist die 460 zwar etwas länger, aber auch um 15 Zentimeter breiter geworden. Das Streckungsverhältnis liegt trotzdem noch bei einem gemäßigten Wert von 3,0. Die Position des Mastes ist um einige Zentimeter nach achtern verschoben worden. Weil die Wanten jetzt wie bei allen neuen Dufour-Modellen ebenfalls außen stehen, beschränkt sich die Größe der Genua auf eine Überlappung von 108 Prozent. Allerdings bleibt dies eine Option – in der Basisausstattung kommt die 460er mit Selbstwende-Einrichtung.

Umberto Felci bleibt auch bei der neuen Konstruktion seiner Überzeugung treu, dass zwei Ruderblätter für Fahrtenyachten dieser Größe keine Vorteile bringen, sondern im Wasser unnötig Widerstand und darüber hinaus im Bau zusätzliche Kosten verursachen sowie später im Segelbetrieb mehr Wartung erfordern. Wegen des vergleichsweise breiten Hecks ist das Ruderblatt bei der Dufour 460 GL deshalb noch ein Stück weiter vorn und somit tiefer platziert als beim Vorgängermodell, um auch bei viel Krängung noch wirksam zu bleiben.

Wie kontrolliert das neue Schiff segelt, kann es im Starkwindtest vor Cannes in Süd-Frankreich beweisen. Auf der dortigen Messe wurde es erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und der YACHT exklusiv zur Verfügung gestellt. Bei anfänglich moderaten Windstärken zwischen 15 und 18 Knoten segelt die Yacht auch unter Vollzeug gut.

Das Testschiff, zusätzlich ausgestattet mit dem Grand-Prix-Paket (12.200 Euro: längerer Mast, bessere Segel, überlappende Genua, leinenverstellbare Holepunkte, Achterstag-Verstellung, German-Cupper-Groß-schot) lässt sich spielend an seine Leistungsgrenze heranführen. Dazu fällt das Trimmen der Segel dank der guten Beschlagsausstattung und vernünftig dimensionierten Winschen leicht.

Dufour 460 GL: Hoch Sitzen, trocken Segeln

Den voluminösen Tourer am Wind zu steuern gestaltet sich ebenso einfach wie auch genussvoll. Ein leichter Ruderdruck gibt ein gutes Gefühl am Rad, und das wuchtige Fahrtenboot lässt sich prima über die Wellen lenken – wobei letztere an diesem Tag außerhalb der Landabdeckung und später bei noch mehr Wind besonders hoch sind. Den teilweise über zwei Meter mächtigen Seegang nimmt die Dufour 460 problemlos und setzt sanft in die Welle ein. Selbst ohne Sprayhood bleibt die Mannschaft dabei weitgehend trocken. Nur selten schafft es überkommendes Spritzwasser bis nach achtern.

Bei diesen schwierigen Bedingungen segelt die Dufour 460 hoch am Wind mit einem Speed von 7,5 Knoten auf einem Winkel von 40 Grad zur wahren Windrichtung. Auf einem etwas tieferen Kurs mit leicht geschrickten Schoten stehen dauerhaft über acht Knoten auf der Logge. Und mit raumen Wind und Wellenunterstützung kann das Boot bisweilen sogar die Zehn-Knoten-Marke knacken, bleibt aber auch dann immer sicher kontrollierbar.

Die beiden Winschen auf dem hinteren Süll sind vom Steuermann gut erreichbar. Wählt der Kunde die Option einer doppelt geführten Großschot (German Cupper), wären zusätzliche, sekundäre Winschen seitlich für ein einfacheres und übersichtlicheres Handling wünschenswert, wenn auch nur als Extra. Leider ist diese Möglichkeit bei Dufour nicht vorgesehen.

Außerdem sind wie bei fast allen Tourenschiffen dieser Längenkategorie elektrische Antriebe für die Schotwinschen zu empfehlen. Die Großschot läuft auf einem Traveller vor dem Niedergang und greift damit erst etwa in der Mitte des Großbaums an. Dadurch sind die Lasten auf der Schot groß, und der Kraftaufwand zum Dichtnehmen ist enorm hoch. Bei viel Wind ist dies mit bloßer Muskelkraft kaum noch zu schaffen.

Die fest angebaute Bugnase dient sowohl als Bugspriet für zusätzliche Segel wie Gennaker oder Code Zero sowie als Ankerhalterung. Das Formteil wird von Dufour jetzt bereits standardmäßig angebaut. Auch die Badeplattform gehört zur Grundausstattung. Lediglich der elektrische Klappmechanismus ist mit einem Aufpreis belegt. Abgesenkt liegt die Heckklappe dann auf einer vernünftigen Höhe zum Baden. Auch die Edelstahl-Badeleiter lässt sich so befestigen, dass sie problemlos benutzt werden kann.

Hinter der Badeklappe wird in einem Staufach die Rettungsinsel gelagert. Sie ist dort prima zugänglich, allerdings nur, wenn man die Plattform zumindest ein Stück weit abfiert, um die obere Abdeckung greifen und entfernen zu können. Im Notfall könnte dies zum Problem werden.

Dufour 460 GL: Durchdacht, Variantenreich

Mit geräumigen Yachten dieser Größenordnung richten sich führende Hersteller wie Dufour nicht ausschließlich an Eigner, sondern zielen auch auf den Chartermarkt ab. Für die neue 460 bietet Dufour dafür eine Ausbauvariante mit vier Doppelkabinen (zwei davon im geteilten Vorschiff ) und dazu vier – wenn auch sehr kleine – Toilettenräume an. Innerhalb der Konkurrenz setzt nur Jeanneau mit der Sun Odyssey 479 auf ein Layout mit vier Kammern, bei dem ebenfalls jede Kabine über ein eigenes Bad mit WC verfügt. Für Chartergäste könnte dies ein Thema sein.

Die Standardausführung bleibt aber das Eignerschiff mit einer äußerst geräumigen Vorschiffskabine. Das Inselbett ist hier zwei Meter lang und im Bereich der Schultern 1,56 Meter breit. Zwei Erwachsene finden darauf ausreichend Platz zum Schlafen.

Angenehm: Das Bad mit abgetrenntem Duschbereich und die Toilette sind in zwei separaten Räumen untergebracht. Weniger schön dabei ist jedoch, dass die WC-Schüssel fast lächerlich klein ausfällt. Eine größere ist zwar erhältlich, aber nur gegen Aufpreis.

Bei den Typen 500 GL und 560 GL baut Dufour eine Pantry in zwei Nischen vorn direkt am Hauptschott ein, ohne Alternativen. Zumindest im Großserienbau und innerhalb der Konkurrenz bietet Dufour dieses Layout als einzige Werft an. Bei der neuen 460er können die Kunden dagegen wählen. Möglich ist (wie auf dem Testschiff ) eine Küche vorn am Hauptschott. Als Variante gibt es die lange Pantryzeile seitlich im Salon. In dem Fall wäre auch eine dritte Nasszelle machbar. Das U-Sofa mit dem Salontisch findet dann auf der Backbordseite Platz (s. Risszeichnungen o. l.)

Hingegen bleibt es achtern bei zwei symmetrischen Doppelkabinen. Eine große, von innen und von außen erreichbare Backskiste anstelle einer Achterkammer bietet Dufour auch als Ausbauoption für Eigner nicht an. Diese werden deshalb möglicherweise eine der beiden Räumlichkeiten zu einem stattlichen Stauraum umfunktionieren wollen. Vom Cockpit aus wäre er allerdings auch weiterhin nicht zugänglich.

Dufour 460 GL: Viel Luft, Viel Auswahl

Als vorbildliches Detail lassen sich die Navigation und der dazugehörende Hocker beliebig verschieben. Auf diese Weise kann das Sofa auf der Steuerbordseite auch als zusätzliche Koje genutzt werden. Am Salontisch finden bequem bis zu sechs Personen Platz. Die zentrale Sitzbank ist fest am Boden angeschraubt und dient zudem als willkommene Festhaltemöglichkeit unterwegs. Weitere gut greifbare Handläufe bringen zusätzliche Sicherheit.

Ungewöhnlich viele und große Fensterflächen in Aufbau und Rumpf sowie zwei große Panoramafenster sorgen tagsüber für ein lichtdurchflutetes Interieur. Auch die Möglichkeiten zum Lüften sind vorbildlich. Allein im Salon finden sich nicht weniger als sieben Luken, die allesamt geöffnet werden können.

Der Ausbau des Testschiffs in hellem, gekalktem Eichenholz ist eine mögliche Variante. Dufour verbaut für das Interieur auf Kundenwunsch auch Mahagoni oder Teakholz. Überdies wählt der Kunde die Art des Fußbodens, das Material der Polsterbezüge und die Farbe für die seitlichen Wegerungen in Salon und Kabinen. Beim Testboot sind die seltsamerweise in Blau gehalten, eine optisch neue Spielart.

Dufour 460 GL: Laute Bretter, Kleine Mängel

Stauräume finden sich auf der Dufour reichlich, sie sind auch gut zugänglich. Zudem wurden die Schränke in den Kabinen komplett mit Holz ausgekleidet, damit der Inhalt nicht direkt am GFK der Schale aufliegen kann. Was aber fehlt, sind Unterbringungsmöglichkeiten für Reisetaschen oder andere sperrige Sachen. Die Bereiche unter den Kojen und unter den Sofas im Salon sind mit Wasser- und Dieseltanks sowie technischen Installationen weitgehend belegt.

Die Bau- und Ausbauqualität entsprechen dem Standard für Boote aus den großen Werftserien. Kleine Unschönheiten wie zum Beispiel unstimmige Spaltmaße oder nicht bearbeitete Schnittkanten beim Mobiliar sind heutzutage vielfach zu konstatieren, sie haben ihre Ursache im Preis- und Zeitdruck der Massenproduktion.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Kojenbretter sind deutlich zu dünn und biegen sich unter dem Gewicht der Schläfer durch. Das Resultat sind störende Knarrgeräusche, die die Nachtruhe beeinträchtigen können. Und die Bodenbretter passen nicht überall gut zusammen. Zudem knarzen sie unter Belastung.

Dufour 460 GL: Stimmiger Preis, Gutes Paket

Mit einem Basispreis von 240 610 Euro ordnet Dufour seinen neuen Tourer im vergleichbaren Umfeld der französischen Konkurrenz von Jeanneau und Beneteau ein. Die Angebote aus Deutschland von Bavaria Yachtbau und Hanseyachts fallen zunächst etwas günstiger aus, unter Berücksichtigung der Ausstattung ab Werft liegen sie aber im ähnlichen Rahmen.

Mit der Nominierung der 460 GL zur Wahl als Europas Yacht des Jahres 2015 haben die Franzosen von Dufour bereits ein frühes Lob für ihr jüngstes Schaffen erhalten. Das runde Konzept hat es verdient, die Umsetzung bis zum fertigen Schiff auch.

 

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