Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. Autor: Michael Good, Heft 14/2013

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Yachttest der Dufour 412 GL

Dufour 412 GL: Yachttest

Breite Hecks, mächtige Badeplattform, zwei Steuerräder und maximal voluminöse Rümpfe mit großen Fenstern und Chines – die Trends bei den Fahrtenyachten sprechen eine klare Sprache mit ziemlich einheitlicher Prägung. Dem generellen Kurs folgen vor allem die Hersteller großer Werftserien. Beneteau, Jeanneau, Bavaria und Hanse haben ihre Programme bereits an die neuen Gepflogenheiten angepasst. Der Markt, insbesondere im mittleren Tourensegment, präsentiert sich derzeit so aktuell und so ähnlich wie kaum jemals zuvor.

Im gleichen Atemzug mit den großen Produzenten der Branche darf auch Dufour Yachts genannt werden, allerdings erreichen die Franzosen nicht ganz dieselben Stückzahlen. Mit ihrem sauber abgestuften und ebenso kontinuierlich aktualisierten Zwei-Linien-Programm aus Touringbooten (Grand’Large) und sportlichen Yachten (Performance) behauptet sich die Werft aus La Rochelle als beharrlicher Wettbewerber. Sie segelt – wenn man so will – in einer sicheren Leeposition zur mächtigen Konkurrenz, seit Dezember 2010 zudem mit Bavaria als Partner im mächtigen Firmenverbund. Dufour hält aber nicht nur jederzeit sein Programm in Schuss, sondern sorgt innerhalb des Marktes immer wieder für Aufregung mit überraschenden Ideen und mutigen Details: zum Beispiel beim Innenlayout der Dufour 500 (Test in YACHT 3/2013) mit der vor dem Salon eingebauten Pantry oder bei der 335 (Heft 24/2011), die als erster Serien-Tourer unter zehn Meter Rumpflänge mit doppelter Steueranlage ausgestattet ist.

Die neue Dufour 410 Grand’Large folgt nun in deren Kielwasser, bleibt insgesamt aber unauffälliger und auch wieder dichter am aktuellen Wettbewerb in der heftig umworbenen Klasse um zwölf Meter. Sie soll die Dufour 405 ersetzen, einen Typ, der im YACHT-Test (Heft 7/2009) als ungewöhnlich hochbordig und voluminös beschrieben wurde. Jetzt am Steg liegen die beiden Schiffe zum Vergleich Seite an Seite.

Die Überraschung: Die 410 baut noch höher als ihre Vorgängerin – satte acht Zentimeter mehr misst der Freibord. Dufour kaschiert die korpulente Erscheinung aber sehr geschickt mit größeren Rumpffenstern und einer recht markanten Ziergöhl. Zudem sorgen die Kimmkanten (Chines) für eine optische Streckung.

Dufour 412 GL: Kompromisslos zum Touren

Zum großen Volumen passt das breite Heck. Auch achtern ist das Boot markant fülliger geworden: Am Heck ist es 3,85 Meter breit, während die 405 dort gerade mal 3,13 Meter misst. Derart ausladend, ist nun eine ausgewachsene Badeplattform fast über die gesamte Breite möglich, beim Vorgängermodell war dies noch eine schmale Klappe. Allerdings liegt die Seeterrasse auch beim neuen Modell unglücklich hoch über der Wasseroberfläche, 57 Zentimeter beträgt die Distanz von der Plattform bis zum Nass. Das ist zum Baden mühsam und im Notfall (zum Beispiel bei Mann über Bord) ein echtes Sicherheitsmanko.

Die Werft erklärt die ungewöhnlich hoch angeschlagene Heckklappe mit den Vorgaben der CE-Zertifizierung und in Zusammenhang mit den riesigen Staufächern unter dem Cockpitboden im Bereich des Steuermanns. Dort findet nicht nur eine ausreichend große Rettungsinsel Platz, sondern auch alle Fender und Festmacher oder ein Schlauchboot.

Die bei der Dufour 500 als Novum vorgestellten aufklappbaren Seitenteile als Verbreiterung der Cockpitduchten haben nun auch ihren Weg auf die 410 gefunden. Und dies gleich in doppelter Ausführung. Damit lassen sich auf beiden Seiten die Sitzbänke in der Plicht zu kleinen Sonnenliegen umbauen, und zwar im Handumdrehen. Allerdings sind die Flächen mit einer Länge von nur 1,64 Meter zu kurz, um ausgestreckt darauf liegen zu können. Trotzdem: eine willkommene und auch technisch schön umgesetzte Annehmlichkeit.

In Bezug auf das Layout im Cockpit lässt die Dufour 410 keinen Zweifel an ihrer Ausrichtung als kompromissloses Tourenboot. Die Führung der Fallen und Trimmleinen erfolgt wie üblich über den Kajütaufbau (verdeckt) auf zwei Winschen seitlich vom Niedergang. Groß- und Genuaschot werden nach achtern auf das Süll umgelenkt und können dort vom Steuermann aus seiner Position wunderbar bedient werden.

Nach etwas Übung verlangt das Wenden und Halsen, weil die Groß- und die Genuaschot immer erst abgestoppt und dann wechselseitig auf die Winschen gelegt werden müssen. Deshalb wäre ein zweiter Satz Winden wünschenswert, was Dufour zumindest werftseitig aber leider auch als Option nicht anbietet.

Dufour 412 GL: Viel Gewicht, wenig Segel

Beim Test vor Toulon in Südfrankreich sind gänzlich undramatische Bedingungen mit etwa acht Knoten Windstärke zu verzeichnen. Der leichte Druck reicht aber bereits aus, um das Schiff bemerkenswert zügig auf eine Fahrt von 6,0 Knoten hart am Wind auf einem Winkel von 45 Grad zu beschleunigen. Das Boot bewegt sich dabei spürbar dynamisch und sehr lebhaft im Manöver, was angesichts der technischen Daten doch überrascht: Mit einem Gewicht von 9,4 Tonnen (leer) ist die neue Dufour schwerer als die Boote des Wettbewerbs.

Demgegenüber ist die Segelfläche am Wind vergleichsweise klein, die Segeltragezahl beträgt 4,0 – die Tourer der Konkurrenz um 40 Fuß Länge kommen im Schnitt auf einen Wert von 4,5. Lange Zeit hat Dufour dem allgemeinen Trend zum hohen Segel plan mit kurz überlappender Genua widerstanden, jetzt aber lenkt man mit den neuen Typen doch ein. Die Vorteile überwiegen: einfaches Handling dank kürzerer Schotzüge, dazu weniger Strukturbelastungen für den Rumpf, weil die Hauptwanten außen an der Schale angeschlagen werden. Die Unterwanten sind aber weiterhin innen am Kajütaufbau montiert. Diese aufwändigere Lösung vereinfacht die Passage über das Laufdeck zum Bug.

Eine Spezialität der Dufour 410 ist der sehr tief am Mast angeschlagene Baum. Der Lümmel sitzt ein gutes Stück weiter unten als üblich, und der Baum steht nach achtern hoch, um das Cockpit freizuhalten. Dies verleiht dem Boot eine ganz eigene Optik. Der einfache Grund dafür: Mit dem tiefen Baum kann das Großsegel am Mast ganz lässig auf Kopfhöhe aufgetucht werden. Und auch zum Schließen vom Reißverschluss der standardmäßig angebauten Lazybags sind keine halsbrecherischen Kletteraktionen mehr nötig. Eine prima Idee.

Der Nachteil: Mit dem tiefen Großbaum wird der Zugwinkel vom Baumniederholer sehr flach, damit verliert diese Funktion an Kraft und Effizienz. Gerade bei Yachten wie der Dufour 410, bei denen die Großschot über einen Traveller auf dem Kajütdach vor dem Niedergang angebaut ist, kommt dem Niederholer jedoch eine wichtige Funktion zum Trimmen des Großsegels zu.

Dufour 412 GL: Hell und Wandelbar

Der Standard-Innenausbau ist das klassenübliche Layout mit drei Kabinen und einer Nasszelle. Alternativ dazu ist eine Eignerversion mit nur zwei Kabinen machbar. In diesem Fall fällt das Bad achtern etwas geräumiger aus, und es ist eine große Backskiste eingebaut. Zusätzliche Varianz gibt es auch für den Bereich vor dem Hauptschott. Im Vorschiff kann ebenfalls noch eine Nasszelle mit Waschbecken und Toilette geordert werden. Die vergleichbaren Boote der Konkurrenz zeigen sich von ähnlicher Wandelbarkeit.

Das Zusatz-WC wäre bei der Dufour 410 aber ziemlich schade, denn das Vorschiff gefällt mit seiner großzügigen Auslegung und dem vielen Platz, der hier zur Verfügung steht. Ein Toilettenraum würde die Raumverhältnisse schmerzlich verschieben. Dazu ist die Koje seitlich schräg eingebaut – eine ungewöhnliche Lösung –, geschlafen wird mit dem Kopf nach vorn. Die wichtige Eignerkoje ist im Fußbereich damit schön breit (1,10 Meter), dafür jedoch auf Schulterhöhe (1,40 Meter) an der unteren Grenze des Komfortmaßes für zwei Erwachsene. Ein herkömmliches, symmetrisches Layout für das Vorschiff mit Dreiecks- oder Inselbett ist nicht vorgesehen.

Das flächige Panoramafenster im Kajütdach hinter dem Hauptschott sorgt für ein lichtes und freies Raumgefühl unter Deck. Dazu passt der helle Innenausbau wie beim Testschiff mit Teakholzfurnier. Diese Ausgestaltung ist eine Option, im Standard wird das Boot mit Möbeln in Mahagoni-Optik geliefert. Die Lüftungsmöglichkeiten im Salon sind allerdings ungenügend. Im Kajütaufbau ist lediglich eine Luke eingelassen, und die langen Aufbaufenster sind bis auf eine kleine Klappe über der Pantry nicht zu öffnen.

Dem Trend folgend, verzichtet auch Dufour mittlerweile auf eine fest installierte Navigation, zugunsten einer flexiblen Lösung für das Thema. Ein kleiner Navigationstisch hält sich im Sofa auf der Steuerbord-Seite versteckt, er wird bei Bedarf einfach hochgezogen. Die Mechanik dafür funktioniert soweit einwandfrei.

Dank mehr Breite am Heck und Chines verfügen nun auch die Betten in den identischen Achterkabinen über ausreichend komfortable Dimensionen mit einem Maß von 1,60 Meter auf Höhe der Schultern – und das, obwohl zwischen den Kammern ein Servicekanal eingebaut wurde. Beim Vorgängermodell 405 waren die zu knappen Abmessungen der Kojen achtern (1,36 Meter Breite) noch ein Kritikpunkt gewesen. Für das Flaggschiff Dufour 500 hat die Werft einen Innenausbau in tadelloser Qualität präsentiert; bei der 410 treten aber wieder mehr Makel zutage.

Die Spaltmaße sind teilweise sehr unterschiedlich, außerdem stoßen die Holzteile nicht überall sauber aneinander. Und die Bodenbretter knarzen unter Belastung auffällig, ein Mangel, den man Dufour nicht zum ersten Mal anlasten muss. Dabei gilt es aber auch zu berücksichtigen, dass das Testboot als Prototyp bereits einen monatelangen Präsentationsmarathon zu allen wichtigen Wintermessen in Europa hinter sich hat. Dies lässt zweifellos Spuren zurück, dürfte aber nicht die Erklärung für die heterogenen Spaltmaße sein.

Dufour 412 GL: Gebührlich Kalkuliert

Wenig Überraschendes hinsichtlich der Preisfrage. Dufour ordnet auch das jüngste Modell passend ins Umfeld der vergleichbaren Konkurrenz ein. 169 820 Euro kostet die neue 410er ab Werft, das ist ein faires Angebot. Die Schiffe aus dem französischen Wettbewerb (Beneteau Oceanis 41 und Jeanneau Sun Odyssey 409) sind in etwa gleich teuer. Ähnliche Yachten aus heimischer Produktion, die Hanse 415 und die eben erst vorgestellte Bavaria Cruiser 41 (s. Seite 14), kommen etwas günstiger.

Mit dem neuen Modell will Dufour einem starken Wettbewerb in einem hart umkämpften Marktsegment die Stirn bieten. Leicht wird das bestimmt nicht, aber die Chancen stehen gut. Das Gesamtpaket ist rund, das Boot durchdacht und ausgewogen. Und Optik sowie Preis stimmen.

 

Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten

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