Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. (Autor: Michael Good, Heft 07/2012)

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Yachttest der Dufour 36 Performance

Dufour 36 Performance: Entwicklung

Gestern top, heute Flop. Die Entwicklungen besonders im sportiven Yachtdesign sind schnelllebig geworden. Die neuesten Trends wechseln sich in immer kürzeren Zyklen ab, genährt vom Fortschritt in der Konstruktion modernster Regattayachten. Dort zählt nur die Performance, nicht die Optik, nicht der Komfort. In Sachen Design legt der Sportsektor vor und prägt die Linienführung der Werftserien. Ein gutes Beispiel sind die breiten Hecks oder die trendigen Kimmkanten (Chines). Die Entwicklung kam aus dem Hochseerennsport, mittlerweile ist sie von den meisten Herstellern adaptiert, selbst im reinen Fahrtenbereich. Denn neben den Leistungsvorteilen gehen die neuen Konstruktionen auch mit einem Zugewinn in Sachen Platzangebot und Wohnlichkeit unter Deck einher – ein angenehmer Nebeneffekt. Nun zeichnet sich eine weitere Entwicklung ab: Die Boote werden auch im Vorschiff voluminöser, speziell im Bereich der Wasserlinie. Und abermals steht der Offshore-Rennsport Pate dafür, aktuell erkennbar bei den extremen Konstruktionen der Yachten im derzeitigen Volvo Ocean Race. Für den Neustart in der Linie der sportlichen Performance-Reihe hat die französische Werft Dufour den kommenden Trend bereits aufgenommen. Auffällig ist die ungewöhnliche Form der Bugsektion der Dufour 36. Der Freibord fällt nahezu lotrecht ab, der U-Spant ist stark ausgeprägt, und der Wasserpass strakt gleichmäßig vom Heck bis zum Bug durch. Die Optik ist unkonventionell – bisher galt vielmehr der schlanke, zuweilen sogar konkav geformte Wassereintritt als schnell.

Dufour 36 Performance: Neue Ideen, neue Formen

Dufours italienischer Hausdesigner Umberto Felci hat auch die neue 36er gezeichnet und erklärt das Design gleich persönlich anlässlich des YACHT-Exklusivtests in La Rochelle. Ziel sei es gewesen, den Schwerpunkt des Gesamtauftriebs möglichst nahe an die Schiffsmitte zu bringen, um so die dynamische Länge voll ausnutzen zu können. Damit soll das Boot auch bei Krängung ausgewogener segeln und der Widerstand geringer sein. Demnach verlangt das breite Heck mit den ausgeprägten Kimmkanten auch nach mehr Volumen im Vorschiff – und umgekehrt. Darauf basiert im Wesentlichen die Rumpfform der Neuen, die sich damit recht deutlich von den bisherigen Konstruktionen im Performance-Programm der Franzosen abhebt. In Bezug auf die 36er spricht man bei der Werft deshalb schon von einer „neuen Ära“.

Ebenfalls ein Novum in Dufours Sport- Serie sind die direkt am Schiffsrumpf angeschlagenen Wantenpüttinge. Bisher hat die Werft beharrlich und entgegen dem allgemeinen Vorgehen auf das schlank abgespannte und dafür etwas kürzere Rigg gesetzt, was eine größere, überlappende Genua erlaubt. Beim neuen Boot nun ist das Vorsegel kürzer (maximal 114 Prozent), dafür steht der Mast mit seinen langen und stark gepfeilten Salingen etwas weiter achtern. Und durch die breite Verwantung sind die auftretenden Kräfte nicht mehr ganz so hoch. Somit können die Rumpfverstärkungen im Kraftschluss mit der Bodengruppe einfacher und weniger massiv ausfallen. Des Weiteren reicht dem Rigg ein dünneres Mastprofil. Ungefähr 150 Kilogramm, so rechnet Felci vor, kann allein durch das neue Riggkonzept an Gewicht eingespart werden. Das ist eine ganze Menge. Trotzdem geriet die Dufour 36 mit einer Verdrängung von segelfertig 6,4 Tonnen im Vergleich schwer.

Die Boote der Konkurrenz sind, obschon in der Klasse auch etwas kürzer, bei ähnlichen Ballastanteilen der Kiele meist deutlich leichter. Beim Test mit einer mäßig starken Brise in der Bucht vor La Rochelle ist davon allerdings nichts zu spüren. Die 36er überrascht vor allem durch ihre Lebhaftigkeit. Das Boot zeigt sich extrem drehfreudig und kommt auch nach dem Manöver zügig wieder auf volle Fahrt. Die Beschleunigung ist ausgezeichnet. Vor allem der Rudergänger verlässt auf diesem Schiff seinen Posten nur ungern. Die fehlerfrei abgestimmte Kabelzug-Steuerung von Jefa lässt feinfühliges Lenken zu, schnell stellt sich gute Rückmeldung vom Ruder ein. Damit kann der Steuermann das Boot am Wind sehr gezielt an sein Leistungspotenzial heranführen. Das macht richtig Spaß. Aber nicht nur er freut sich über einen makellosen Arbeitsplatz. Auch die Mannschaft erhält mit hochwertigen und durch die Bank sinnvoll platzierten Beschlägen sowie einem vorbildlich ausgelegten Deckslayout eine gute Basis für sportliches, aktives Segeln. Nur der Großschoter hat Grund zum Klagen. Sein Bereich vor der Steuersäule fällt beengt aus, und die Winsch für das standardmäßig installierte German-Cupper-Großschotsystem ist für ihn allenfalls mit Krampf zu bedienen. Zudem lassen sich die Strecker für das Achterstag und die Travellerschot schlecht greifen. Ambitionierte Regattasegler werden das Layout der Beschläge in diesem Bereich ändern.

Dufour 36 Performance: Unnötiges zurücklassen

Eine der vielbeachteten Spezialitäten der Dufour 36 sind die demontierbaren Stau kisten im Cockpit. Die GFK-Boxen sind als Teil der Duchten nur auf dem Plichtboden aufgesetzt und werden seitlich festgeschraubt. Während einer Regatta bleiben sie dann einfach auf dem Steg zurück – das spart Gewicht, und das Cockpit wird deutlich geräumiger. Dies freut insbesondere den Segeltrimmer, der direkt an den Genuawinschen stehend wirkungsvoller arbeiten kann. Die beiden flexiblen Kisten bieten jedoch jeweils nur etwa 100 Liter Stauvolumen. Das reicht für ein paar Schoten, Winschkurbeln und Kleinigkeiten, nicht aber für Fender oder andere sperrige Sachen. Dafür hat Dufour seiner 36er in der Achterpiek noch ein geräumiges Staufach spendiert. Hier könnte ein zusätzliches Segel aufbewahrt werden, zum Beispiel der Gennaker. Und durch den Stauraum ist auch der Steuerquadrant gut erreichbar. Eher ungewöhnlich für einen Performance-Cruiser ist die klappbare Plattform am Heck. Bei der Dufour 36 hat sie jedoch weniger die Funktion einer reinen Badebühne, sondern vielmehr einer Zugangsrampe ins Cockpit und hochgeklappt als Abschluss des vorbildlich platzieren Stauraums für die Rettungsinsel am Heck.

Für Segler, die viel mit der Familie unterwegs sind, ist das Formteil auch in einer um etwa 20 Zentimeter breiteren Version erhältlich. Hochgezogen schließt die größere Platte das Cockpit gut ab und sorgt für zusätzliche Sicherheit, speziell wenn Kinder mitsegeln. Eine Kabine achtern, eine Kabine vorn, Pantry und Navigation seitlich vom Niedergang, Nasszelle sowie große Backskiste hinten: Bezüglich des Innenlayouts hat die Klasse der Performance-Cruiser um 35/36 Fuß nicht viel Abwechslung zu bieten, die Schiffsgröße lässt kaum Ausbauvarianten zu. Da macht die Dufour 36 keine Ausnahme und reiht sich ebenfalls in den bekannten Serienstandard ein.

Dufour 36 Performance: Wenig Aufwand, viel Gewinn

Im Detail allerdings zeigt sich die Französin innovativer und überrascht mit einer Reihe von neuen, ungewöhnlichen Einzelheiten. Die doppelte Tür zum Vorschiff hat man andernorts zwar auch schon gesehen, bei einer Dufour aber bislang nicht. Sind beide Flügel geöffnet, vermittelt dies sowohl vom Salon als auch vom Vorschiff aus ein ganz neues Raumgefühl. Die beiden Bereiche verschmelzen zu einer großen Einheit, bleiben aber trotzdem voneinander trennbar. Einen ebenfalls nicht ganz alltäglichen Weg schlägt Dufour für die Nutzung der großen Backskiste ein. Wegen der wegnehmbaren Koffer in der Plicht ist das geräumige Stauvolumen vom Cockpit nicht direkt erreichbar; das Staugut muss also entweder durch die Achterpiek oder durch Niedergang und Nasszelle bugsiert werden – bei sperrigen Dingen kann dies durchaus umständlich und auch eine Gefahr für die Oberflächen sein. Eine gute Alternative für Fahrtensegler bietet Dufour mit dem Angebot, die flexiblen Kisten fest ins Cockpit einzukleben und für einen direkten Zugang mit der Backskiste unterhalb zu verbinden. Im Vorschiff überraschen die sehr komfortablen Kojenmaße.

Das Bett ist lang genug und bietet mit einer Breite von 1,82 Metern auf Schulterhöhe auch für zwei Erwachsene geradezu feudale Platzverhältnisse. Interessant: Aufgrund der voluminösen, fast eckigen Spantform der Kabine kann das Kojenlager vergleichsweise tief angesetzt werden, ohne dass dabei Liegefläche verschenkt würde. Somit gestaltet sich der Einstieg in die Koje bequemer, und die Kammer ist gefühlt größer. In der Achterkabine hingegen bietet die Schlafstatt nur Platz für eine erwachsene Person, die Abdeckung für die Einbaumaschine verengt die Liegefläche auf Schulterhöhe auf 1,25 Meter. Dafür können die Sofas im Salon auch als zusätzliche Kojen benutzt werden, wenn man die Rückenpolster entfernt. Auf der Dufour 36 können also fünf erwachsene Personen bequem übernachten.

Den Anspruch, ein richtiges Performance-Boot anzubieten, unterstreicht die Werft mit zahlreichen Anbauteilen, die sich auf der 36er aus Gewichtsgründen mit wenigen Handgriffen entfernen lassen. Kleine Sachen wohl, die sich aber summieren. Wie zum Beispiel die massiven Abdeckungen aus Corian in der Pantry und im Navigationsbereich, sämtliche Türen innen sowie der schöne, beidseitig aufklappbare Salontisch. Der steht ansonsten sehr solide auf zwei Rohrstützen, zusätzlich gesichert mit Drahtzügen, welche direkt an die Bodengruppe angreifen. An einer smarten, aber noch nicht ganz ausgereiften Option tüftelt Dufour noch. Die beiden Wassertanks unter den Salonkojen mit je 100 Liter Fassungsvermögen können auf Wunsch mit einem Schlauchsystem und einer Pumpe verbunden werden. Für mehr Stabilität beziehungsweise für etwas Ausgleich zur auf der Kante fehlenden Crew beim Fahrtensegeln wäre dann das Trinkwasser in den luvseitigen Tank umpumpbar. Auf dem Testboot benötigte die Mimik für den Vorgang jedoch geschlagene fünf Minuten. Mit einer stärkeren Pumpe und größeren Schläuchen könnte es aber gehen.

Dufour 36 Performance: Akzeptables Angebot

Dufour Yachts baut seine Rümpfe gewissenhaft, als Sandwichlaminat mit Iso-Polyesterharzen und Osmose-Barriere. Das Deck wird im Vakuum-Injektionsverfahren gefertigt, das garantiert eine starke, homogene Verbindung und makellose Oberflächen innen. Eine Innenschale wird damit überflüssig. Kleine handwerkliche Unsauberheiten im Detail sind jedoch vorhanden – ungebrochene, unversiegelte Schnittkanten und raue Ecken stören den sonst guten und hochwertigen Gesamteindruck. Die Werft hat Besserung in der Serie versprochen. 140.420 Euro kostet die Dufour 36 in der Basisversion ohne Segel. Das ist ein fairer und zweifellos eng kalkulierter Preis, der im Vergleich zum Konkurrenzumfeld noch in unmittelbarer Nähe liegt. Den kleinen Aufpreis zum Wettbewerb nehmen jene Kunden in Kauf, die das flexible Ange bot schätzen und sich über die vielen guten, sehr durchdachten Details freuen.

 

Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten

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