Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. (Autor: Michael Good, Heft 04/2015)

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Yachttest der Dufour 350.2 GL

Dufour 350.2 GL: Moderne Konstruktionsmethoden

Keine andere Größe von Fahrtenyachten ist derart stark umkämpft wie die um zehn Meter Rumpflänge. Sämtliche namhaften Serienhersteller bedienen dieses wichtige Segment derzeit mit einem attraktiven und zeitgemäßen Angebot. Natürlich geht es dabei in erster Linie darum, sich Marktanteile zu sichern und möglichst hohe Stückzahlen abzusetzen – aber man will auch Einsteiger in den Yachtsport mit einem guten und fairen Produkt an die Marke binden. Für die Werften ist dies ein wichtiges Thema, und die Kunden können davon nur profitieren. 
Im unerbittlichen Konkurrenzkampf puschen sich die Werften gegenseitig zu Höchstleistungen.

Es ist schon erstaunlich, was die Entwicklung bei der Konstruktion von Fahrtenyachten in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Speziell in der Einsteigerklasse: Im Bestreben um maximales Volumen dank immer breiteren und höheren Rümpfen sind Ausbauversionen mit zwei oder sogar drei Kabinen heute Standard. Vor wenigen Jahren noch war dies auf zehn Meter Rumpflänge undenkbar. Auch Cockpits mit zwei Steuerständen gehören mittlerweile zur Klassennorm. Überdies sind die Schiffe dank moderner Konstruktionsmethoden jetzt von besserer Qualität. Die Strukturen sind solider, dauerhafter geworden. Umso erstaunlicher ist, dass gleichzeitig die Preise zumindest gehalten oder sogar gesenkt werden konnten. Die Einsteigerklasse steht auch hier ganz klar im Fokus der Entwicklung, weil Kunden in diesem Marktsegment vermeintlich noch mehr auf die Kosten achten und aufmerksam vergleichen. Das Motto lautet offenbar: noch mehr Schiff für noch weniger Geld. Da stellt sich die Frage: Wie kann das funktionieren?

Dufour 350.2 GL: Kleine Täuschungen

Die führenden Hersteller bedienen sich derzeit eines Tricks: attraktiver Grundpreis für die Außenwirkung, allerdings gilt dieser nur für eine einfache, abgespeckte Grundversion. Zum Beispiel: ohne Badeplattform, ohne Cockpittisch und ohne viele andere Annehmlichkeiten bezüglich Komfort und Ausstattung. Beneteau (Oceanis 35) und Jeanneau (Sun Odyssey 349) haben den Trend begründet. Und Bavaria hat mit der Easy 9.7 als Variante zur Cruiser 33 sogar einen eigenen Typen auf den Markt gebracht. Die Idee: Einsteiger sollen die Möglichkeit erhalten, günstig ein Schiff zu erwerben und dies über eine reichhaltige Optionsliste den eigenen Bedürfnissen gemäß individuell zu konfigurieren, möglicherweise auch zum späteren Nachrüsten. Im Prinzip ein guter Plan, dem sich nun auch Dufour Yachts anzuschließen scheint.

Die neue Dufour 350 wird die 335 (Test in YACHT 24/11) im Fahrtenprogramm Grand’Large ersetzen und kommt in der einfachen Basisversion Day Sailing ebenfalls ohne klappbare Heckplattform, ohne Tisch im Cockpit und in einer simplen, aber doch noch funktionstüchtigen Grundausstattung. Ihr Basispreis beträgt 105.770 Euro und liegt damit etwas höher als bei der französischen Konkurrenz: Die Oceanis 35 kostet 97 640 Euro, für eine Sun Odyssey 349 werden 94.430 Euro verlangt. Preisbrecher in der Klasse ist einmal mehr Bavaria. Die Cruiser 33 ist aktuell für 79.610 Euro zu haben, die Variante Easy 9.7 sogar für etwas weniger als 60.000 Euro. Allerdings: Mehr denn je zuvor müssen Interessenten jetzt genau hinsehen, wenn sie die Preise innerhalb der Konkurrenz ausstattungsbereinigt gegeneinander abwägen wollen – die Angebote sind nicht mehr direkt über den Grundpreis vergleichbar. Zudem bieten Hersteller wie Dufour Yachts attraktive, modulare Ausstattungspakete, die erhebliche Preisvorteile gegenüber den Einzelposten aus der Liste bedeuten. Das gilt auch für die 350.

Dufour 350.2 GL: Selbstwendefock als Standard

Im Vergleich zum Vorgängermodell 335 ist die Dufour 350 um fünf Zentimeter breiter geworden. Die Konstrukteure von Felci Yacht Design haben deshalb die Ruderwelle um ein paar Zentimeter nach vorn versetzen müssen, nur so kommt das Schiff mit dem breiten Heck weiterhin mit nur einem Ruderblatt aus. Zunächst einmal bleibt es beim Festkiel in zwei Varianten mit Tiefgängen von wahlweise 1,90 oder 1,55 Metern. Eine Version als trockenfalltauglicher Kielschwerter mit zwei Ruderblättern ist bei den Entwicklern offenbar in Vorbereitung, aber noch nicht offiziell als Option aufgeführt. Ein variabler Tiefgang kann bei Dufour derzeit nur für die kleinere Schwester 310 (Test in YACHT 7/14) geordert werden. Geändert wurden auch die Position und die Art des Riggs. Auf der 350 steht der achterstagslose Mast jetzt satte 28 Zentimeter weiter hinten als auf der 335, bei gleicher Rumpflänge. Das ist viel. Und das Rigg ist 20 Zentimeter höher. Dafür ist auf der 350 jetzt die kleine Selbstwendefock Standard. Die Schiene auf dem Vordeck wird ab Werft jedem neuen Boot angebaut, auch wenn die größere Genua mit 108 prozentiger Überlappung als Option für sportlichere Ansprüche weiterhin machbar bleibt. Dazu ist wie beim Testschiff auch eine fest angebaute Bugnase aus GFK möglich. Die Franzosen nennen dieses Ausstattungsmerkmal „Delphinière“, es ist empfehlenswert. An ihm kann für flottes Vorankommen wahlweise ein Gennaker oder ein rollbarer Code Zero angeschlagen werden. Es dient zudem als Ankerhalterung. Weil der Mast deutlich weiter achtern steht, bleibt dem Schiff ein Traveller auf dem Kajütaufbau vor dem Niedergang verwehrt; der Ansatzpunkt am Baum läge zu weit vorn, die Kräfte wären viel zu hoch und Bruch wahrscheinlich.

Als Alternative hat sich Dufour für ein Schotdreieck über dem Niedergang entschieden. Eine gleichermaßen einfache, günstige wie auch funktionale Lösung, weil der Baum bei leichten bis mittleren Windstärken bis zur Mitte gezogen werden kann und so die Funktion des Travellers vollauf ersetzt. Allerdings müssen die Segler dann vermehrt mit dem Baumniederholer arbeiten, vor allem bei viel Wind. Dafür ist dieser aber in der Standardausführung mit Vierfach Talje zu schwach ausgelegt und nur über die Winsch zu bedienen. Effizienter wäre ein Kaskaden-System. Dank zwei extrem langer und stark gepfeilter Salingspaare kommt das Rigg der 350 ganz ohne Achterstag aus. Wer möchte, kann dieses als Option (als Teil vom Grandprix-Paket) anbauen lassen. Die Püttinge zum Anschlagen der Taljen sind bereits ab Werft montiert und die entsprechenden Stellen im Rumpf verstärkt. Ein Vorteil beim nicht vorhandenen Achterstag: Es stört nicht im Rücken des Rudergängers, wenn dieser wie üblich seitlich am Rad sitzen möchte. Dies ist ein Ärgernis auf vielen Fahrtenyachten mit klappbaren Badeplattformen, wo das Achterstag als Hahnepot geteilt an die Schiffsenden führt. Davon befreit, stößt sich der Steuermann auf  der Dufour 350 aber dennoch an den eingeschränkten Platzverhältnissen, vor allem, wenn wie auf dem Testschiff die optionalen, klappbaren Sitze am Heck stören. Diese sind nur beim Fahren unter Maschine einigermaßen brauchbar. Auf diese Zusatzausstattung könnte getrost verzichtet werden.

Dufour 350.2 GL: Kraftvoll auch bei wenig Wind

Die Konstruktionen von Felci Yacht Design für Dufour Yachts sind bekannt für ihre guten, lebhaften Segeleigenschaften, für hohe Formstabilität trotz vergleichsweise wenig Ballastanteil und für agile Reaktion auf dem Ruder. Das ist bei der 350 nicht anders. So überzeugt auch das neue Boot beim Leichtwindtest vor La Rochelle mit exzellenten Leistungswerten. Bei nur 2 Beaufort im Schnitt und leichtem Schwell kommt das mit einem prima stehenden Segel-Upgrade ausgestattete Testboot schnell in Fahrt und erreicht 4,5 Knoten auf einem Kurs von 40 Grad zum wahren Wind. Bei halbem Wind mit Gennaker sind über 6 Knoten drin. Auch das Handling an Bord stimmt. Die Großschot kann doppelseitig ins Cockpit (German Cupper) oder über das Dach auf die Winschen am Niedergang geführt werden. Ein Umbau der Schotführung (zum Beispiel zum Einhandsegeln) ist im Nu durchgeführt. Einziger Kritikpunkt: Die 30er Winschen auf dem Kajütdach und die Schotwinschen auf dem Süll sind zu klein. Bei etwas mehr Wind wären größere Trommeln für leichteres Arbeiten wünschenswert.

Der hübsche, helle und luftig wirkende Innenausbau mit Eichefurnieren wie auf dem Testschiff ist optional; Standard ist der eher dunkle Ausbau mit Moabi-Mahagoni der Kunde wählt. Dufour Yachts setzt für die Einbauten ausschließlich auf Echtholzfurniere sowie einen relativ hohen Vollholzanteil. Qualitativ macht der Ausbau einen durchaus sorgfältig verarbeiteten Eindruck. Keine Frage: Wer Macken sucht, kann auch hier auf kleine, versteckte Unschönheiten stoßen, wie man sie oft bei Booten aus den großen Serienproduktionen findet, etwa nicht ganz stimmige Spaltmaße oder unbehandelte Schnittkanten.

Echte Kritik gibt es aber bezüglich der Verkabelung zum Elektropaneel. Die vielen Drähte sind unübersichtlich verlegt, scheinbar in aller Eile zusammengewurstelt, nicht beschriftet und außerdem kaum zugänglich. Das sollten Yachtbauer besser können. Außerdem ist der Motorraum nicht ausreichend isoliert. Unter Maschine wird es besonders in der Achterkabine zu laut.

Während für das Vorgängermodell Dufour 335 keine Alternativen zum Innenausbau mit zwei Kabinen vorgesehen waren, glänzt das Interieurkonzept der Neuen mit sehr viel mehr Varianz. Jetzt sind auch drei Kabinen machbar, dafür fällt die Nasszelle deutlich kleiner aus als beim Zweikabiner. Und die Navigation musste weichen. Dafür kann Dufour jedoch eine Alternative anbieten: Die Navi gibt es nun als kleine, flexible Variante, die sich bei Nichtgebrauch ganz einfach absenken lässt und damit Teil des Sofas wird. Ein funktional und technisch prima umgesetztes Detail.

Dufour 350.2 GL: Viel Komfort im Vorschiff

Bei dem getesteten Dreikabiner erfüllen die als Doppelkojen ausgewiesenen Liegeflächen achtern nur knapp die Mindestanforderungen für zwei Personen gemäß YACHT Definition. Eigenartig ist, dass trotz vermeintlicher Symmetrie das Bett auf der einen Seite fünf Zentimeter breiter als auf der anderen ausfällt (1,42 und 1,47 Meter). Eine Erklärung dafür war von der Werft nicht zu bekommen.

Im Vorschiff dagegen verfügt die Doppelkoje über fürstliche Abmessungen. 1,86 Meter misst das Bett auf Schulterhöhe bei einer Länge von 2,02 Metern. Damit übernimmt die Dufour 350 in ihrer Klasse sogar klar die Führung. Auch können zusätzlich zwei Personen im Salon schlafen; allerdings dürfen diese nicht allzu groß sein. In beiden Ausbauvarianten sind die Sofas 1,90 Meter lang und messen 64 Zentimeter auf Schulterhöhe. Stauräume fehlen auf dem Schiff speziell in den Achterkabinen, wo es im Wesentlichen nur einen einzigen Schrank gibt. Hier wären zusätzliche seitliche Ablagen begrüßenswert. Diese sind im Vorschiff vorhanden. Unter der Vorschiffskoje gibt es riesige und zudem auch recht gut erreichbare Stauvolumen für große und unhandliche Dinge wie Taschen, Koffer, Rettungsmaterial oder weitere Segel. Dufour hat mit der 350 als Neuheit im Zehn-Meter-Sektor ein schwieriges Feld zu beackern.

Die Konkurrenz ist stark und auf dem Stand, die Kundschaft wählerisch, und sie vergleicht akribisch. Das grundehrliche, authentische Konzept verspricht jedoch Erfolg, trotz des etwas höheren Preises.

 

Hier finden Sie eine Übersicht von Testberichten zu allen Yachten

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