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Hier geht es zum kostenpflichtigen Download (3,-€, Autor: Fridtjof Gunkel, Heft 11/2006):  > Yachttest der Bavaria 37 cruiser

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Yachttest der Bavaria 37 cruiser

Die Bavaria 37 cruiser reichlich Platz für Mensch und Material

Wie konzipiert man ein 37 Fuß langes Schiff, das auf Massenproduktion ausgelegt ist und somit viele Menschen ansprechen soll? Das Boot muss Vercharterer als wichtige Klientel durch niedrigen Preis, Fehler- und Wartungsarmut und simple Bedienung ebenso zufrieden stellen wie Chartercrews und Eigner. Überlegungen, die offensichtlich auch Bavaria Yachtbau geleitet haben.

Die neue Bavaria 37 Cruiser wurde konsequent in eine Richtung ausgelegt - sie sollte zwar auch ordentlich segeln können, aber muss mehr noch den Komfort bieten, der heute bei reinen Fahrtenschiffen Standard ist. Bedeutet: reichlich Platz für Mensch und Material. In dieser Klasse, klar, muss eine Version mit grosszügiger Vorschiffskabine sowie zwei Heckkabinen erhältlich sein. Das verlangt nach gewissen Abmessungen. Ergebnis: fülliges Vorschiff, breites Heck, üppige maximale Breite, hohes Freibord. Insgesamt: viel Volumen.

Die Kehrseite der Bavaria 37 Cruiser ist, dass so ein Schiff viel Formwiderstand mit sich schleppt, also Abstriche bei den Leistungen unter Segeln hinzunehmen sind. Was noch potenziert wird, wenn der Kunde den optionalen flacher gehenden Kiel mit 1,60 Meter Tiefgang wählt.

 

Bavaria 37 Cruiser: Der Vergleich

Im Standard ist die Bavaria 37 Cruiser denn auch die 1,95 tiefe Variante angeboten, ebenso wie ein Rigg mit konventionellem Großsegel, das mehr Leistung als ein Rollreffrigg verspricht. Dennoch: Der Verhältniswert von Segelfläche zu Verdrängung (Segeltragezahl) von 4,31 weist die Bavaria 37 selbst mit dem Normalgroß zielgruppengerecht als reinen Tourer aus.


So tritt denn Bavaria mit der Bavaria 37 Cruiser auch nicht gegen sportive Yachten an, sondern muss Kunden gewinnen, die sich beispielsweise mit Beneteaus Oceanis 373, Elans Impression 384, Dufours 385 der Cruising-Reihe Grand'Large oder der Delphia 37 befassen. Als Konkurrent passend vom Konzept her wäre auch eine Cyclades aus Beneteaus simpler cruiser-Reihe, wenn es denn eine in der betreffenden Größe gäbe. Betrachtet man den Preis, ist die Bavaria 37 Cruiser aus dem Frankenland jedenfalls schon Weltmeister.

Mit 95300 Euro rangiert es deutlich unter der Konkurrenz. Lässt man die Kosten beiseite, wird sich ein Kunde mit den üppigen Formen der Yacht befassen. Auffällig sind auch die großen ovalen Fenster der Bavaria 37 Cruiser im Aufbau (die übrigens alle zu öffnen sind), die allerdings stilistisch kaum zu den Rumpffenstern passen.

Anzumerken ist ebenfalls - zumindest an dem Testboot - eine ausgesprochene Hecklastigkeit, selbst ohne Crew im Cockpit. Unter den Kojen der Achterkabinen der Bavaria 37 Cruiser sind die Tanks eingebaut, während Salon und Vorschiff unter den Polstern Stauraum en masse bieten. Offensichtlich wurde die Verschiebung des Gewichtsschwerpunktes der Bavaria 37 Cruiser nach achtern nicht durch eine entsprechende Auftriebsverteilung kompensiert.

 

Bavaria 37 cruiser: Dei Testfahrt

Ob das für die Leistung schädlich ist, lässt sich ohne weitere Untersuchungen nicht sagen. Man merkt die Hecklage jedoch schon in der Vorschiffskoje liegend, weil der Kopf nach unten weist. Bei Starkwind jedenfalls ist davon nichts zu spüren; eine durchrauschende Front der Stärke 6 bis 7 Beaufort auf der winterlich kalten westlichen Ostsee be-schleunigte das Schiff auf 8,5 Knoten bei halbem Wind. Dabei schoss es erst ab einer Schräglage von 30 Grad in den Wind und war einfach wieder unter Kontrolle zu bringen. Dann ließ der Wind stark nach. An die 10 Knoten vermag die standardmäßig konfigurierte Bavaria 37 Cruiser in Geschwindigkeiten von etwa 4,7 Knoten auf der Kreuz umzusetzen, und dies bei Wendewinkeln von annähernd 100 Grad.
Das ist für eine Yacht dieser Konzeption nicht unüblich und somit akzeptabel. Allerdings weit von den 80-Grad-Wendewinkeln entfernt, von denen in Testberichten anderer Magazine zu lesen war.

Die Bavaria 37 Cruiser segelt sich völlig normal, wenn auch im unteren Windbereich etwas mehr Tuch und etwas besser spürbare Rückmeldung vom Ruder erfreulich wären. Diese Aussage gilt für die simpelste Serienausstattung. Mit einem um gut drei Quadratmeter größeren Segelsatz der Bavaria 37 gehobener Tuch- und Schnittqualität (4242 Euro) und einem Faltpropeller (575 Euro) ließe sich die Performance sicher verbessern. Wer stattdessen den Bedienungskomfort steigern will, ordert den optionalen Rollreffmast (1975 Euro).

 

Bavaria 37 cruiser: Die Ausstattung

Unabhängig davon vermisst der Rudergänger Fussstützen. Das Rad der Bavaria 37 Cruiser könnte etwas größer ausfallen, was nicht nur eine weiter außen liegende Sitzposition und besseren Blick nach vorn mit sich bringen, sondern auch mehr Komfort im Stehen durch eine größere Radhöhe bedeuten würde. Bedienbarkeit und Deckslayout der Bavaria 37 Cruiser zeigen keine markanten Besonderheiten.

Die standardmäßigen Genuawinschen fallen zu klein aus und stehen für einfaches Kurbeln etwas zu weit außen. Größere lassen sich aber einfach nachrüsten; die Podeste sind entsprechend vorbereitet. Der 18-fach untersetzte Achterstagspanner der Bavaria 37 Cruiser dagegen ist kräftig genug und serienmäßig an Bord, was bei einem Schiff dieser Konzeption positiv überrascht.

Die Ausstattung Wie auf Fahrtenyachten üblich, wird die Großschot auf dem Kajütdach per Fallenwinsch getrimmt. Schön: Es gibt einen Traveller, auf den man angesichts des Grundkonzeptes fast verzichten könnte. Unverzichtbar dagegen sind die ebenfalls serienmäßigen leinenverstellbaren Holepunkte; das ist nicht nur dem Trimm, sondern auch dem Komfort förderlich. Die Genuaschoten lassen sich vom Rad aus bedienen, und dennoch ist genug Platz für den Vorschoter vorhanden. Die serienmäßigen Segel von Elvström- Sobstad machen einen ordentlichen Eindruck, ebenso wie das robuste und sauber gefinishte Zweisalingsrigg von Selden.

durchgelattete Groß wird mit zwei Einleinenreffs gekürzt, was wunderbar einfach und schnell funktioniert. Erfreuliches unter Deck. Aus der Sicht des aktiven Seglers gibt es agilere Boote. Aber Bavaria hat sich offensichtlich auf die Wünsche jener Fahrtensegler konzentriert, die vor allem Komfort suchen. Und den bekommen sie auch und besonders unter Deck geboten.

 

Bavaria 37 cruiser: Der Innenraum

Erst einmal ist der Stauraum üppig. Neben den vielen Schapps und Schränken schlucken die Räume unter den Kojen in Salon und Vorschiff reichlich Material. Die Stehhöhen im Salon reichen von 1,90 bis satten 2,04 Metern.

Die allgemeinen Proportionen gefallen; ebenso das schiere Raumgefühl, wenn man den Salonbetritt. Das liegt neben der Schiffsbreite und dem hohen Freibord in Kombination mit dem grosszügigen Aufbau auch an der Tatsache, dass keine WC- Kabine in den Hauptraum ragt, die den Durchgang einengt.

Die Bavaria 37 Cruiser ist als Drei- oder als Zweikabiner zu haben. Mit nur einer Kammer achtern wird der übrige Raum im Heck einer größeren Backskiste sowie einer voluminösen Nasszelle zugeschlagen. Wählt man die identischen Achterkammern (Testversion), ist das Bad im Vorschiff untergebracht. Geradezu royal sind die Abmessungen der Vorschiffskoje: 2,03 Meter lang und in Schulterhöhe 2,00 Meter breit ist unüblich viel für ein Schiff dieser Größe.

Enger wird's achtern bei gleichen Kabinen: Knapp 1,50 Meter Schulterbreite mögen noch ausreichen, aber die Länge von unter 2,00 Metern ist für viele Menschen zu gering. Gut dagegen: Weitere Schlafstätten finden sich im Salon, wo man sich auf einer Polsterlänge von 1,96 (Backbord) und 2,39 Meter (Steuerbord) bei Schulterbreiten von je 65 Zentimeter betten kann. Auffällig ist die heterogene Lackierung; die Türen sind in der Oberfläche glatter als der übrige Ausbau.

In der Elektrik wird der Eigner nachrüsten wollen: Es gibt keine Leselampen in den Kabinen, keine Beleuchtung für den Herd, Steckdosen sind rar. Der Ausbau dagegen, wenn auch etwas schwer wirkend, ist weitgehend sauber ausgeführt. Das helle Mahagoni wird durch einen weißen Himmel ergänzt.

Große Aufbaufenster, Panoramascheiben, Rumpffenster und Luken unterstützen den hellen Eindruck. Weiterhin gefallen die längst nicht auf allen Schiffen verwirklichte Belüftung der Schapps und Details wie Steckschotthalterung, per Scharnier aufklappbare Kojenbretter, die Erreichbarkeit der Beschläge von unten durch abnehmbare Deckenpaneele.

Und die Ausführung der Konstruktionen von Pütting-Unterzügen, Bodengruppe und Hauptschottlaminat wirkt sehr solide.

 

Bavaria 37 cruiser: Das Fazit

Das Gesamtpaket ist stimmig, die Ausrichtung konsequent, der Preis günstig. Dafür fehlt es etwas an seglerischer Finesse. Die innerhalb von zehn Monaten verkauften 523 Einheiten jedenfalls sprechen für sich. Das ist rekordverdächtig.

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