Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. Autor: Fritjof Gunkel, Heft 12/2018

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Yachttest der Astrea 42

Astrea 42: Konkurrenz im 42 Fuß-Segment

Eigentlich kurios: Die Größe 42 Fuß, durchaus gängig im Bereich der Einrumpfer, ist im Segment der Fahrtenkatamarane aus der Großserie derzeit knapp besetzt. In der Längenklasse um rund zwölfeinhalb Meter gab es bis vor kurzem nur den Bali 4.3, und dann kam letztes Jahr das 42-Fuß-Modell des Marktführers Lagoon hinzu, das war’s dann auch schon. Und nun der Neue von Fountaine Pajot. Der Astréa 42 fügt sich geschmeidig ins Programm der seit 1976 bestehenden Werft aus Aigrefeuille bei La Rochelle. Die hat unlängst den Lucia 40 (YACHT-Test in Ausgabe 16/2016) als neues Einsteigermodell gelauncht, danach den Saona 47 (YACHT 10/17) und führt mit dem Hélia 44 ein weiteres Boot mittlerer Kat-Größe.

Der Bedarf an zusätzlichen Modellen scheint das fein abgestufte Programm zu rechtfertigen, die Werften berichten von ungebrochener Nachfrage, und sie profitieren außerdem von den mehr als hundert komplett zerstörten Katamaranen des verheerenden Hurrikans „Irma“, der 2017 das beliebte Karibikziel der British Virgin Islands heimgesucht hatte.

Das weltweite Potenzial an frischer Zweirumpf-Ware beläuft sich mittlerweile jährlich auf 750 bis 950 Einheiten, berichten Insider. Die Werften reagieren: Lagoon, Fountaine Pajot und Outremer haben ihre Kapazitäten ausgeweitet, Bavaria Nautitech hat seine Produktion modernisiert und auf 70 Einheiten vergrößert; selbst New comer Bali konnte vergangenes Jahr 60 Boote an die Kunden bringen. Das weckt Begehrlichkeiten, und so sichern sich immer mehr Einrumpfwerften mit einem Katamaran-Programm ein zweites Standbein. Lagoon gehört zur Beneteau-Gruppe, Nautitech zu Bavaria, Hanse hat Privilège gekauft.

Astrea 42: Markantes Design

Fountaine Pajot geht den umgekehrten Weg und arbeitet an der Übernahme von Dufour, wodurch diese neue Gruppe zu den Top Five der Werften weltweit gehören wird. FP durfte sich in den vergangenen Jahren über gut zweistellige Umsatzsteigerungen freuen und fertigte im vergangenen Betriebsjahr rund 280 Boote, die Vorhersage beläuft sich auf 300 Einheiten.

Viele Boote, wachsende Konkurrenz, neue Hersteller prägen den gesamten Markt, der sich nun weiter aufspaltet und wo jede Marke ihre Identität sucht. Fountaine Pajot setzt auf ein sehr eigenständiges Design mit markanter Formensprache. Negative, also oben eingezogene Steven, ein negativer Deckssprung und ein kantiger Aufbau mit Steuerstand auf halber Höhe zwischen Deck und Dach an Steuerbord charakterisieren die Optik. Zwischen dem Deckshaus und dem Trampolin wartet eine Sofalandschaft auf die Gäste; die Werft hat sich gegen tiefe ausgewachsene Frontcockpits wie auf den Booten von Leopard oder Bali entschieden.

Weiterhin setzt Fountaine Pajot auf eine gehobene Bauweise für die gewichtsempfindlichen Produkte. So entstehen die Rümpfe und Decks im Vakuum-Infusions- und das Dach im Injektionsverfahren. Das Boot ist mit Stummelkielen ausgestattet, die in Boxen verklebt sind und bei einer harschen Grundberührung abfallen sollen, ohne dass die Rümpfe Schaden nehmen. Die Konstrukteure Berret/Racoupeau gaben dem Neuen viel Tuch mit: Rund 100 Quadratmeter am Wind sind deutlich mehr Antrieb, als ihn die Konkurrenz offeriert.

Astrea 42: Sehr Übersichtlich

Eine gute Maßnahme, wie sich vor La Grand Motte in der Region Languedoc-Roussillon zeigte, wo der Test nach dem Salon International du Multicoque stattfand, einer reinen Mehrrumpfmesse mit über 60 Multihulls. Bei typisch schwachen Winden und mäßigen Temperaturen, die keine Thermik zu generieren imstande waren, präsentierte sich der Astréa 42 erstaunlich agil. Bei nicht mehr als bis zu sieben Knoten Wind waren 4,2 bis 4,5 Knoten an der Kreuz machbar, und dabei steuerte sich das Boot angenehm, reagierte ordentlich aufs Ruder und wendete auch vernünftig ohne Maßnahmen wie beispielsweise eine backzuhaltende Genua.

Das Testboot war dabei mit der gehobenen D4-Membrane von Incidences Sails ausgestattet, deren Profilierung und Ausstattung einen hervorragenden Eindruck hinterließen. Die erwartbar positiven Auswirkungen des auf dem Testschiff gestellten Carbonmastes von Axon, der mit Abstand größte Extraposten der Zubehörliste mit 72 000 Euro, ließen sich angesichts von wenig Wind und glattem Wasser nicht überprüfen.

Der Rudergänger sitzt auf einer Bank, die Platz für zwei Personen bietet. Sein Arbeitsgerät ist mit 70 Zentimeter Durchmesser recht klein und benötigt lediglich eineinviertel Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag. Die Kraftübertragung erfolgt vom Rad zum Steuerbordruder per Bowdenzügen. Die beiden Blätter sind mit einer Schubstange verbunden. Gemessen an den langen Wegen und vielen Verbindungen arbeitet die Steueranlage noch recht spielarm und direkt.

Fallen und Schoten laufen zentral durch Abklemmer auf drei ausreichend große Lewmar- Winschen, die auf dem Dach vor dem Rudergänger platziert sind. Sie sind vom Rad aus nicht zu erreichen, sondern werden davor im Stehen bedient, was ergonomisch eine hervorragende Lösung ist, da die Arme in gutem Winkel und Höhe arbeiten. Da der Kat schon mal ohne Mensch am Rad ein längeres Stück geradeaus fahren kann, ist die Trennung der beiden Arbeitsbereiche selbst ohne Autopilot kein Problem.

Die Rundumsicht vom Steuerstand aus ist hervorragend, lediglich das Backbord- Heck ist nur durch eine Verbeugung einsehbar. Zum Manövrieren und unterwegs im Hafen empfiehlt es sich, neben den Gashebeln an Deck zu stehen, von dort ist der Blickkontakt zu allen vier Ecken des Kats hervorragend.

Drei Stufen höher ist auf dem Kajütdach eine gepolsterte Liegefläche für zwei in der Größe 2,00 mal 1,40 Meter vorgesehen, die man überqueren muss, um zum Baum zu gelangen, der in einer guten Höhe zum Falten des Segels installiert ist. Was jedoch noch wünschenswert wäre, ist eine simplere Aufstiegsmöglichkeit von vorn über das Dach; dort fehlt eine Leiter oder einzelne Trittstufen.

Astrea 42: Saildrives hinter den Blättern

Unter dem Vierer-Sofa vor dem Aufbau, deren wasserfeste und gut befestigte Polster unterwegs an Ort und Stelle verbleiben können, ist wie auf vielen Kats üblich ein riesiger Stauraum eingelassen. Der schluckt Wassertanks, einen optionalen Wassermacher, Fender oder Klappräder. Dort sind auch Ankerwinsch und Kettenkasten eingebaut, was besser zu bedienen ist und vor allem das Gewicht zentriert.

Weiteren Stauraum stellen die Bugspitzen bereit, aus denen sich Code Zero oder Gennaker direkt setzen ließen. Weiterhin erwähnenswert an Deck sind die vorbildliche Begehbarkeit durch große Flächen und die bündigen Luken, das etwas schattenspendende, weil mit einem Überstand ausgestattete Dach und die Heckplattformen, die über den Rumpf hinausragen, was das Besteigen des längsseits liegenden Bootes vereinfacht. Statt Davits ist optional (knapp 20 000 Euro) eine Badeplattform vorgesehen, die auch als Beiboothalterung dient und sich elektrisch bis unter die Wasseroberfläche absenken lässt.

Maximal achtern eingebaut sind die Motoren, deren Saildrives noch hinter den Ruderblättern ins Wasser ragen. Da der Kat unter Maschine nur mit den Propellern gesteuert wird, brauchen die Flossen nicht angeströmt zu werden. Und die achtere Installation ermöglicht es, die Maschinen komplett vom Wohnraum thermisch, geruchstechnisch sowie akustisch isoliert und hervorragend erreichbar einzubauen.

Was sich auch messen ließ. Die optionalen 40-PS-Aggregate von Volvo Penta (Serie sind 30 PS) emittierten lediglich 68 db(A) in der Achterkammer, aber dafür in der Plicht 73 db(A), was jedoch immer noch im normalen Bereich liegt. Auch schön: Rund um die Motoren ist viel Platz für den Einbau von weiteren Geräten, die dort ebenfalls gut inspiziert werden können.

Astrea 42: Das Cockpit als Wohnzimmer

Die Plicht bietet eine großzügige Sitzecke für acht Personen, ein Sofa und eine Sitzbank, dazu viel begehbare Fläche und einen fest installierten Außengrill sowie die Möglichkeit, einen weiteren Kühlschrank einzubauen. Das feste Dach spendet Schatten und auf Wunsch Licht und Musik.

Der Deckssalon wird ohne Niveau-Unterschied durch eine große Schiebetür erreicht, die mächtige U-förmige Pantry schließt sich an das Cockpit an. Wer an Herd oder Arbeitsfläche werkelt, genießt sozialen Anschluss und perfekten Rundumblick, ebenso wie der Navigator an seinem schräg eingebauten Tisch, von dem aus sich das Boot bei Schlechtwetter per Autopilot auch steuern ließe. Für kältere Tage gibt es eine innere Sitzgruppe; hier hat der Eigner die Wahl zwischen einem kleinen Coffeetable oder einem Esstisch, der sich absenken lässt. Dann entstünde eine Doppelkoje im Salon, die besonders bei Langfahrt hochwillkommen sein dürfte, da so die Freiwache bei Bedarf schnell zur Stelle ist.

Mit der Salonkoje gäbe es im Maximalfall zehn Kojen an Bord, eine Belegung, die man nicht umsetzen wollen wird. Der Astréa 42 ist in zwei Varianten zu haben: In der Version Quator sind die Rümpfe gespiegelt und bringen vier vergleichbar große Kabinen mit, dazu lassen sich verschiedene Konfigurationen der Nasszellen wählen. Die Variante Maestro behält den Backbord rumpf bei, modifiziert aber den steuerbordseitigen zum Eignerreich. Der Rumpf lässt sich per Schiebetür vom Deckshaus separieren. Der Platz verteilt sich auf eine offene Achterkabine, einen Schreib- und Schminktisch, sehr viel Schrankvolumen auch im Durchgang, separaten Toilettenraum und ein geradezu fürstliches Bad mit überreichlich viel Staumöglichkeiten im Vorschiff. Insgesamt sind Schränke und Schubladen fast schon im Übermaß vorhanden. Ablagen an den Vorschiffskojen wären jedoch noch wünschenswert.

Ebenso ist die Belüftung noch optimierbar. Zwar lassen sich dankenswerterweise in allen Kabinen kleine Fenster in den großen Panoramascheiben öffnen und sorgen so in Kombination mit den Decksluken für Querbelüftung. Aber zumindest achtern wären zu öffnende Heckfenster eine zusätzliche Möglichkeit. Die Oberflächen gefallen optisch und haptisch, die Decken und Seitenverkleidungen kommen weniger plastelin daher als auf früheren Booten des Herstellers. Auch das sichtbare Finish ist im Wesentlichen gelungen und entspricht Großserienstandards, wie man sie von Einrumpfwerften kennt. Es gibt jedoch keine Wahlmöglichkeiten in der Farbgebung. Die Möbel sind hell, die Fußböden dunkel, die Arbeitsflächen grau, die Himmel hell und graubraun. Optionen sind für die Fußböden außen vorhanden: Das Cockpit und die Hecks lassen sich optional mit echtem oder künstlichem Teak belegen.

Astrea 42: Wohnen auf dem Wasser

Die Extraliste für die technische Ausstattung ist dagegen ausnehmend groß, und es finden sich dabei auch Posten, die man als Standard erwarten würde wie Lazy-Bag, Cockpittisch oder eine Decksdusche. Das erstaunt, denn immerhin liegt das Boot preislich deutlich über der direkten Konkurrenz. Auf der Habenseite verbucht es jedoch die gehobene Bauweise, das ordentliche Finish, die guten Segeleigenschaften, die überzeugende Raumaufteilung, die vielen unterschiedlich nutzbaren Außenbereiche, den durchdachten und großen Stauraum, kurzum das stimmige Gesamtpaket.

Gut auch: Es lässt sich schon werftseitig für die lange Fahrt ausstatten. Vorbereitet und kalkuliert ist beispielsweise die Installation von elektrischen Winschen, Mikrowelle, Waschmaschine, Geschirrspüler, Wassermacher, Klima anlage und Solarpaneelen. Mit der möglichen Vollausstattung bietet das Boot haushaltsüblichen Wohnkomfort, und das mit bis zu vier Schlafzimmern und vier Bädern nebst Wohnküche, drei Terrassen; der Swimmingpool ist rundherum auch immer dabei.

Und dann segelt das Ganze auch noch.

 

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