Der hier veröffentlichte Text ist dem vollständigen Yachttest der Zeitschrift "Yacht" entnommen. Sie können die PDF-Datei mit dem vollständigen Artikel downloaden. Dieser Artikel enthält aussagekräftige Bilder, detaillierte Diagramme, Vergleiche zu anderen Yachten sowie präzise technische Angaben. (Autor: Lars Bolle, Heft 07/2014)

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Yachttest der Dufour 310

Dufour 310: Überraschung in der Kompaktklasse

Die Dufour 310 ist eine Überraschung. In Zeiten, da Fahrtenyachten immer größer werden, wo 50 Fuß plus im Charterbetrieb normal sind, wo es wegen angeblich fehlender Margen nicht mehr lohnt, kleiner als zehn Meter zu bauen, macht die französische Werft genau dies: eine Erweiterung der Produktpalette nach unten. Das passt in den aktuellen Trend, der als Downsizing bezeichnet wird.

Der Anglizismus, zu deutsch Verkleinerung, beschreibt eigentlich das Bestreben in der Industrie, mit weniger Material oder Energieeinsatz mehr Leistung zu erzielen, etwa im Motorenbau. Daraus wurde inzwischen mehr: ein Lebensstil – die Besinnung auf das Nötige, das Wesentliche und gleichzeitig das Streben nach mehr Spaß und weniger Stress. Übertragen aufs Boot heißt das: kleinere Yacht, größerer Spaß. Der Boom der sogenannten Daysailer und Sportboote ist nur ein Beispiel für diese Entwicklung. Dufour überträgt den Ansatz jetzt auf Fahrtenyachten. Bisher maß das Einstiegsmodell der Franzosen, die Dufour 335, knapp zehn Meter. Die Neue ist mit 9,35 Meter Rumpflänge gleich zwei Fuß kürzer. Und sie soll kaum weniger bieten.

Dufour 310: Erstaunliches Raumangebot

Die 310 gehört zur Grand’Large-Serie der Werft, was frei übersetzt „Große Fahrt“ bedeutet. Man kann es aber auch wörtlich nehmen, denn groß, weit und offen wirkt die Kleine allemal. Im Verhältnis zur Länge ist die Breite von 3,20 Metern enorm (2,92 : 1). Und diese Breite beginnt zudem schon recht weit vorn, ohne sich nach achtern wesentlich zu verringern. Wie die Draufsicht zeigt, ist der Decksumriss ab etwa Mitte Kajüte fast rechtwinklig. Hinzu kommen stolze Freibordmaße von etwa 1,10 Metern auf Püttinghöhe, kaschiert durch ein Rumpffenster, Zierstreifen und den Knickspant im Achterschiffsbereich, Chine genannt. So verfügt die Dufour über eine großvolumige Kunststoffhülle.

Doch sie allein ist nicht der Grund für das Raumangebot unter Deck. Auch der Aufbau ist recht hoch ausgeführt, was heute normalerweise umso mehr auffällt, je kleiner die Yachten werden. Denn derart breite Rümpfe und Heckpartien sind nur mit einem sehr flachen U-Spant zu erreichen. Der Rumpf setzt sich dabei kaum noch unterhalb der Wasserlinie in die Tiefe fort, liegt eher platt auf der See. Eine echte Bilge gibt es kaum noch. Soll dennoch Stehhöhe erzielt werden, geht das nur mit einem hohen Kajütdach. Bei der 310 sind es von der Wasserlinie bis zur Oberkante des Aufbaus etwa 1,60 Meter. Damit dieser nicht wie ein Geschützturm wirkt, sind die Seitendecks mit angehoben, der Aufbau versinkt so mehr im Rumpf, und es entsteht mehr Raum.

Der italienische Konstrukteur Umberto Felci hat noch zu einem weiteren Stilmittel gegriffen, einem ausgeprägten Deckssprung. Ab etwa den Püttingeisen steigt das Deck deutlich an, bis zum Bug um etwa 20 Zentimeter. Das schafft zwar auch merklich Raum unter Deck, vor allem im Bereich vor dem Hauptschott.

Dufour 310: Vorschiff mit Aha-Effekt

Wichtiger noch ist aber die optische Wirkung, man könnte auch von einer geschickten Täuschung sprechen. Denn so scheint es, als würde der Kajütaufbau sich vorn sanft in das Deck senken, was nur die halbe Wahrheit ist. Tatsächlich kommt ihm das Deck entgegen. Dadurch kann die Aufbauhöhe weit nach vorn durchgehalten werden, ohne klobig zu wirken.

Unter Deck reicht das im Vorschiff für eine in dieser Schiffsgröße ungewöhnlich große Stehhöhe von 1,80 Metern. Die vordere Abteilung dieser Yacht verdient ohnehin besondere Betrachtung. Die Kojenmaße sind für eine 31-Fuß-Yacht fast unglaublich. Zwei Meter lang und 1,73 Meter an der breitesten Stelle, im Kopfbereich immerhin noch 1,19 Meter sind schon einmal sehr angenehm. Der Fußraum ist dabei fast 80 Zentimeter breit, 20 Zentimeter mehr als bei der Dufour 335, was bedeutet, dass die Koje Platz für zwei Personen bietet, auch wenn eine davon 1,90 Meter oder größer ist. Denn beide kommen sich mit den Beinen nicht ins Gehege. Zwei sehr pfiffige Maßnahmen ermöglichen diese „Liegewiese“. So ist die Abtrennung zum Ankerkasten negativ eingesetzt, zeigt also vom Deck aus schräg nach vorn. Auf diese Weise kann der Ankerkasten geräumig ausfallen und begrenzt dennoch erst spät die Kojenlänge. Außerdem wurde auf eine permanente Stehfläche im Vorschiff verzichtet.

Die Koje reicht bis an das Hauptschott, welches offen gestaltet ist und relativ weit vorn im Boot steht. Platz zum Umziehen findet sich ausreichend zwischen Hauptschott und Maststütze im Salon. Für etwas mehr Intimität lässt sich eine Doppeltür ordern, deren Backbord-Teil dreifach klappbar ist. Eine weitere Option ist die umbaubare Vorschiffskoje wie auf den Fotos auf der folgenden Seite unten. Dabei können die Kojenteile einzeln entnommen werden, wodurch sich vielfältige Variationsmöglichkeiten ergeben.

Dieses Extra für rund 2000 Euro ist unbedingt empfehlenswert und wird im Film von Yacht TV (siehe Webcode unten) ausführlich demonstriert. Wie viele andere Hersteller verzichtet Dufour auf ein Kollisionsschott, es wäre laut Konstrukteur Felci „zu kompliziert einzubauen“. Es ist zwar laut CE-Norm nicht vorgeschrieben und wird etwa vom Germanischen Lloyd für diese Bootsgröße auch nur empfohlen, würde jedoch Sinn machen. Denn der Steven der 310 steht, wie heute für eine lange Wasserlinie üblich, lotrecht und nimmt bei Kollisionen die volle Energie auf.

Ansonsten überzeugt das Konzept der 310 voll und ganz. Die Verlegung des Hauptschotts nach vorn kommt insbesondere dem Salon zugute. Beide Sofas sind ausreichend lang und bieten ohne Rückenpolster 65 Zentimeter Schulterbreite – sie lassen sich also auch als Seekojen nutzen. Es sollte jedoch ein Leesegel nachgerüstet werden – oder einlegbare Polster für den Bereich zwischen Koje und Tisch, mit denen sich die Liegeflächen deutlich verbreitern ließen. Auffallend groß ist die Nasszelle konstruiert. Sie bietet nicht nur eine lichte Höhe von 1,86 Metern, trotz Duschablauf, sondern auch viel Bewegungsfreiraum. Das schräg eingebaute WC ist ergonomisch gut gelöst, eine entspannte Sitzhaltung mit viel Platz über dem Kopf ist gewährleistet. Zudem gibt es noch einen Staubereich, etwa für nasses Ölzeug. Der Rest des Innenraums an Steuerbord ist als riesige Backskiste zugänglich.

Dufour 310: Variable Achterkoje

Auch Backbord achtern bietet die Dufour 310 für die Bootslänge reichlich Platz. Wie die Koje dort jedoch genutzt werden soll, ist nicht ganz klar. Im äußeren Teil, also zur Bordwand hin, misst die Liegefläche 1,94 mal 1,10 Meter. Das ist für einen Erwachsenen mehr als ausreichend, für zwei jedoch deutlich zu schmal.

Der innere Bereich, vom Motorkasten bis zur Verkleidung Achtern, gibt dagegen Rätsel auf. Für wen ist diese Fläche von 1,42 Meter Länge und 80 Zentimeter Breite gedacht? Kinder? Gepäck? Für nicht sehr groß Gewachsene gibt es allenfalls noch die Option, quer zu liegen – auf dann rund 1,70 bis 1,80 Meter Länge. Auch das ist ein Kompromiss.

Sehr angenehm ist dabei, dass es wegen der Doppelruderanlage keinen störenden Ruderkasten gibt und dass die lichte Höhe unter dem Cockpitboden mit 60 Zentimetern üppig ausfällt. Das wird durch einen recht hohen Cockpitboden und das spezielle Layout der Plicht möglich. Diese wird, wie heute sehr verbreitet, mit einer Klappe abgeschlossen. Die Plattform setzt recht hoch an und lässt so viel Abstand zum Wasser. Das hat Vor- und Nachteile. Durch die hohe Lagerung entsteht nur eine kleine Stufe zum Cockpitboden, was das Be- und Entladen über das Heck vereinfacht. Außerdem kann die Klappe so auch bei leichtem Wellengang offen bleiben. Bei Ausführungen, die direkt über dem Wasser liegen, hebt schon leichter Schwell von anderen Booten die Plattform an, und sie kann beim Herunterschlagen beschädigt werden. Durch die hohe Lagerung fällt die Dufour-Klappe für eine Sonnenterrasse jedoch recht schmal aus. Zudem wird der Weg über die Badeleiter länger und anstrengender als bei einer tieferen Ausführung. Übrigens, ein Sicherheitsgewinn bei Mensch-über-Bord- Manövern ist so eine Klappe nur in sehr ruhiger See. Ansonsten besteht eher die Gefahr, dass eine Person im Wasser durch das stampfende Heck verletzt wird. Dank der Plattform, die beim Segeln das Heck schließt, kann die Cockpitlänge maximal genutzt werden.

Die Steuerstände stehen sehr weit achtern, der Skipper hat dank der großen Breite eine gute Voraus- und Übersicht. Die Sitzposition außen wird zusätzlich durch das Weglassen von Backskisten in diesem Bereich unterstützt. Das eigentliche Cockpit ist für vier Personen ausreichend groß und ebenfalls nach achtern versetzt. Der Aufbau reicht daher weit nach hinten, was unter Deck besonders der Nasszelle zugutekommt.

Dufour 310: Einfaches Handling

Seglerisch setzt die Werft auf einfache Bedienung. Das Rigg braucht kein Achterstag, und erstmals gibt es bei Dufour eine Selbstwendefock serienmäßig. Die Testyacht war allerdings mit dem aufpreispflichtigen Upgrade-Segelsatz mit konventionell geschoteter, leicht überlappender Genua ausgestattet. Ihre Segeleigenschaften konnte sie jedoch bei schwacher Brise mit gerade mal 6 bis 8 Knoten Wind vor dem italienischen La Spezia nicht unter Beweis stellen. Als Referenz ziehen wir deshalb die Werte aus dem Geschwindigkeits-Vorhersageprogramm (VPP) mit heran. Einzig unter Gennaker ließ die 310 erahnen, dass sie nicht nur großvolumiges Wohnboot, sondern auch eine sportliche Yacht sein kann.

Eine alte, etwa zwei Meter hohe Dünung und etwas frischere Fallböen von der Felsenküste sorgten vereinzelt für rund 20 Grad Krängung und 7 Knoten Geschwindigkeit. Dabei lag die Yacht sehr sicher und kontrolliert auf dem Ruder, besser gesagt: den Rudern. Die Yacht hat ja deren zwei – eine Notwendigkeit des breiten Hecks. Ein zentrales Ruderblatt würde bei Lage leichter aushebeln, es kann aber geordert werden. Unter Segeln zeigte sich die Dufour äußerst wendig und agil; auch unter Maschine machte sie in fast allen Situationen eine gute Figur. Vor allem die Motorfahrt überraschte positiv, geht der Propellerstrahl doch zwischen den Blättern hindurch; eine direkte Anströmung aus dem Stand gibt es nicht. Dennoch war die 310 in drei Phasen auf dem Teller zu drehen, bei Vorausfahrt gab es keine Vibrationen oder Tendenzen auszubrechen. Rückwärts war sie sehr präzise zu steuern, was aufgrund des breiten Hecks auch nötig ist, da ja keine Keilwirkung vorhanden ist. Sogar das Eindampfen in die Vor- und Achterspring funktionierte dank der großen Breite. Einzig das Eindampfen in eine außen belegte Achterleine ging nicht, dabei fehlte der Druck auf dem Ruderblatt.

Dufour 310: Gehobener Preis

Für knapp über 88.000 Euro gibt es die 310 in der karg ausgestatteten Day-Sailing-Version, ohne Badeplattform, Kühlung, Landstrom und vielem mehr. Fürs Fahrtensegeln reicht das nicht. Mit einer Ausrüstung nach YACHT- Definition kostet die Dufour 91 500 Euro. Damit ist sie nicht unbedingt günstig. Die 40 Zentimeter längere Bavaria Cruiser 33 gibt es schon ab rund 82.000 Euro, und da ist die Badeplattform bereits dabei. Die Einstiegsmodelle von Jeanneau oder Hanse liegen längenbereinigt etwa gleichauf. In Bezug auf den Preis klappt es mit dem Downsizing also dann doch nicht so ganz. Ansonsten aber haben Werft und Konstrukteur mit der Dufour 310 ein properes und insgesamt sehr wohnliches Schiffchen gezaubert: klein, aber oho.

 

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